unterwegs bei religionen und kulturen - bildungsurlaub von peter dietz 2015

in 80 tagen um die welt

Mittwoch, 4. November 2015, Basel

Nun bin ich schon seit geraumer Zeit wieder in der Schweiz. Die Reise zurück von San Francisco hat etwas länger gedauert, als geplant. Der Flug von San Francisco nach Seattle wurde kurz vor dem Start abgebrochen, da ein Passagier ein gesundheitliches Problem hatte. Der Flieger musste zurück ans Gate. Eine Stunde verspätet sind wir dann gestartet. In Seattle hat es dann gerade knapp gereicht mit Umsteigen auf die Iceland-Air nach Reykjavik. Doch dann hat mit einer Lampe etwas nicht gestimmt. Der Start wurde immer wieder verschoben. Plötzlich ging alles wieder richtig. Doch die Verspätung war nicht mehr aufzuholen und der Anschlussflug war natürlich weg. So durfte ich zusammen mit zahlreichen aneren Passagieren in Reykjavik einen Tag und eine Nacht verbringen. Wir wurden in einem sehr schönen Hotel an einem alten Hafen untergebracht. Das Essen war vorzüglich. Ich machte Spaziergänge durch die Stadt und dem Meer entlang. Es war ziemlich frisch und zügig. So habe ich mir auch eine schöne isländische Kappe gekauft. Der Weiterflug via Frankfurt nach Zürich und die Zugfahrt nach Basel gingen dann planmässig. Ich bin also nicht über den Rand der Erde heruntergefallen und tatsächlich von der anderen Seite her wieder bis in die Schweiz gelangt. Die Erde ist also tatsächlich eine Kugel.

 

In Basel ist noch Herbstmesse und schönstes Herbstwetter. Mit Francesco, Oeslem und Sylvia habe ich einen vergnüglichen Nachmittag verbracht und zum Beispiel eine Fahrt auf der Geisterbahn unternommen. Schnell habe ich auch die Koffer ausgepackt, Wäsche gemacht und bin mich wieder am Einleben. Die angesammelten Postberge waren eindrücklich. Vieles hat sich in meiner Abwesenheit zum Glück bereits selbst erledigt.

 

Hier in Basel hat nun die schweizerische Woche der Religionen begonnen. Jeden Tag gibt es ein Programm. siehe Flyer (pdf) Am Sonntag war ich im Zwinglihaus. Dort steht ein Zelt der Religionen. Verschiedene Religionen werden darin vorgestellt. Alevitische Saaz-SpielerInnen gaben ein eindrückliches Konzert. Der Apéro war reichhaltig.  Am Montag war dann die offizielle Eröffnung im Union. Amira Hafner-Al Jabaji hat ein hervorragendes Impulsreferat gehalten. Gestern besuchte ich einen Vortragsabend zur Gleichstellungsproblematik in den Religionen aus rechtlicher und theologischer Sicht.

Montag, 26. Oktober 2015, San Francisco

Nun bin ich schon einige Tage hier in San Francisco. Ich habe in dieser Zeit einige Stadtwanderungen unternommen und an einem Workshop zum Schamanismus teilgenommen. Das Wetter ist gut. Zwar herbstlich, doch immer noch so um die 20 Grad warm. Meist scheint die Sonne. Nur heute gibt es eine graue Wolkendecke.

 

Von wo ich wohne, ist es zu Fuss nicht sehr weit auf die Twin-Peaks. Von dort hatte ich eine wunderschöne Aussicht über die Stadt. Eine weitere Unternehmung führte mich erst auf der Linie F mit einem historischen Tram von hier bis zum Pier 39. Auf der Linie F verkehren zahlreiche ganz verschiedenartige Trams, Streetcars, wie sie hier heissen. Auf Pier 39 gibt es unzählige touristische Geschäfte, die alle das gleiche verkaufen, T-Shirts mit San Francisco Aufschrift und Magnete für den Kühlschrank. Ich verlasse die Touristenfalle bald. Dafür miete ich ein Velo und fahre dem Ufer entlang bis und über die Golden Gate Bridge. Das ist schon ein eindrückliches Bauwerk. In Sausalito nehme ich die Fähre zurück.

 

An einem anderen Tag wandere ich von hier über die Corona Heights bis zum Golden Gate Park. Dieser Park ist etwa fünf Kilometer lang und einen Kilometer breit und endet am Atlantik. Ich durchquere gemütlich den ganzen Park bis zum Meer. Eindrücklich sind die riesigen Eukalyptusbäume. In einer Beitz am Ende des Parks esse ich ein Riesensandwitch, das mir noch einige Zeit aufliegen wird. Mit dem Tram fahre ich wieder zurück.

 

Abends habe ich schon zwei Mal ein Aikido-Training bei City-Aikido besucht. http://www.cityaikido.com/ Der Shihan heisst Robert Nadeau. Erst gibt es jeweils eine Stunde Training für Anfänger, dann eine Stunde für Fortgeschrittenere. Es wird sehr sorgfältig gearbeitet. Am zweiten Abend, an dem ich teilnehme ist Patrick Cassidy Leiter vom Aikido Montreux dabei. Zusammen mit Robert Nadeau gehen wir nach dem Training noch einen trinken und abendessen. Heute werde ich noch ein letztes Mal hier in San Francisco ins Training gehen.

 

Übers Wochenende habe ich einen Workshop im California Institute for Integral Studies gebucht. http://www.ciis.edu/ und dort den Workshop: The Way of the Shaman: The Basic Workshop with Susan Mokelke. Es waren gut dreissig Teilnehmende. Meist sitzen wir in der Runde und Susan Mokelke doziert. Dann gibt es einige Übungen zu Trommelrhythmen in denen wir in andere Welten abtauchen oder aufsteigen sollen und dort sogenannte Spirits treffen  und ihnen Fragen stellen sollen. In Zweiergruppen gibt es dann jeweils einen Austausch. Viele der Teilnehmenden sind auf der Suche nach irgend etwas. Viele haben auch eine lebendige Phantasie und schildern die unglaublichsten Geschichten, wie der Ritt auf einem geflügelten Einhorn. Die Auslegungen von Susan Mokelke erinnern mich stark an Auslegungen von Horoskopen. Das Weltbild ist für mich gelinde gesagt befremdlich, besonders die Einteilung der Welt in eine Upper, Lower, and Middle-World und die Bevölkerung dieser Welten mit Spirits und verstorbenen Seelen. Na ja, das Ganze war eine etwas grenzwärtige Erfahrung.

 

Was mir in San Francisco besonders auffällt, sind die vielen Obdachlosen. Viele haben auf einem Rollstuhl oder einem Einkaufswagen ihr ganzes Hab und Gut dabei. In der Nacht schlafen sie auf der Strasse an irgend einer Hausecke. Manchmal wird man um Geld angefragt. Einmal esse ich einen Burger in einem Take-Away. Einige Obdachlose sind ebenfalls zugegen. Ich sehe, wie einer ganz offen Drogen zu sich nimmt. Einige sind auch Senioren. Ich denke, Obdachlosigkeit ist hier wirklich ein grosses Problem.

 

Übermorgen werde ich die grosse Reise via San Francisco-Seatle-Reykjavik-München-Zürich nach Basel antretten. Dann werde ich erfahren haben, dass die Welt eine Kugel ist.

 

Mittwoch, 21. Oktober 2015, San Francisco

Die letzen Tage waren so intensiv, dass ich mich erst wieder sortieren muss. Heute habe ich mich aus Salt Lake City verabschiedet und bin die zwei Stunden nach San Francisco geflogen. Mit einem Uber-Taxi war mein AirBnB schnell gefunden. Ich wurde von Adrian und seinem kleinen alten Hund herzlich empfangen. Nun muss ich mich erst wieder zurechtfinden. Immerhin hat das Internet wieder einmal eine anständige Geschwindigkeit.

 

Am Sonntag-Abend gab es ein multireligiöses Musikprogramm im Tabernakel der Mormonen. Das ist ein eindrücklicher Ort. Eine riesige Orgel, farbig beleuchtet in einem riesigen Raum, mit Holzbänken, wie in einer Kirche und einer Empore die rundherum geht. Mehrere Tausend Leute haben hier Platz. Das Zentrum der Mormonen ist hier im Tempel-Square. Da ist auch der grosse Tempel, in den hinein nur die Mormonen dürfen und auch die nur, wenn sie sich vorbereitet haben. Das erfahre ich von zwei netten jungen Damen, die mit Sister angeschrieben sind und ein Wappen ihres Landes tragen. Die eine kommt aus dem Bernbiet, die andere aus Deutschland. Sie machen ihren Missionsdienst hier im Tempelsquare und führen Touristen herum und geben Auskunft.

 

Am Montag Morgen früh hat Manish Tripati von der Peaceful Society Mumbai seinen Beitrag. Er hat mich gebeten, ihm zu helfen. So bin ich früh im Convention Center. Ich helfe ihm mit meinem Computer aus, damit er seine Powerpoint-Präsentation zum Thema "Religious Harmony "zeigen kann. Er hat nämlich keinen Computer dabei.

 

Ich besuche noch eine Veranstaltung zu der "goldenen Regel", die in allen Religionen eine wichtige Rolle spielt. Am Nachmittag dann ist noch die Schlussveranstaltung mit einem Chor mit Leuten aus 30 verschiendenen Glaubensrichtungen.

 

An den grossen Plenumsveranstaltungen wurden eindrückliche Reden gehalten zu den Themen der Konferenz. Unvergesslich bleibt für mich die Aufbruchstimmung, die hier am Parliament herrschte. Es wurden einige Deklarationen verabschiedet: http://www.parliamentofreligions.org/parliament/salt-lake-2015/declarations Es ist wirklich zu hoffen, dass die Botschaft des Parliaments in die Welt hinausgetragen wird. In zwei Jahren soll das nächste Parliament stattfinden, wo ist noch nicht bekannt.

 

Buddhistische Mönche aus Tibet haben im Foyer ein wunderschönes Mandala aus farbigen Sandkörnern gestaltet. Am Schluss wurde wieder alles zusammengewischt. Ich habe ein kleines Säckchen des Sandes als Erinnerung mitnehmen können.

Samstag, 17. Oktober 2015, Salt Lake City

Nun ist bereits die Hälfte des Parliaments of World's Religions vorbei. Das Programm ist ausserordentlich dicht. Immer muss man sich zwischen unzähligen Angeboten entscheiden. Zum Essen bleibt fast keine Zeit. Über Mittag gibt es ein Langar der Sikh-Gemeinschaft. Das heisst indisches vegetarisches Gratis-Essen vom Feinsten für 9500 Leute täglich. Die Stimmung ist ausserordentlich gut. So viele Glaubensrichtungen, Weltanschauungen und so viele verschiedene Menschen kommen zusammen für diesen Anlass. Ungezwungen ist man schnell mit Menschen im Gespräch. Auf verschiedenen Ebenen gibt es immer wieder Höhepunkte. Zum Beispiel heute Tarik Ramadan am Panel über IS. Oder gestern die Trommelgruppe im Jugendplenum. Es könnte sein, dass diese Konferenz mehr als ein Flügelschlag eines Schmetterlings ist und auf der ganzen Welt etwas zum Frieden auf der Welt beitragen kann. Es wäre wichtig den Geist dieser Veranstaltung ind die Welt zu tragen. Auf jeden Fall sind viele der Vorträge und Beiträge über die Homepage des Parliaments http://www.parliamentofreligions.org/ resp. youtube http://www.parliamentofreligions.org/videos zugänglich.

 

Manish Tripati, den ich dieses Jahr in Mumbai kennengelernt habe, ist auch hier. Manchmal treffen wir uns und tauschen uns aus. Am Langar habe ich Alen kennengelernt. Er ist von hier aus Salt Lake. Nun bin ich ihm jeden Tage einmal begegnet. Dann sprach ich mit einem Pfarrer der anglikanischen Kirche mit Wurzeln in Chennai. Er hat am Gurukul-College in Madras Theologie studiert und ist jetzt Studentenpfarrer in England. Dann ist da Paul aus Uganda. Für ihn ist alles neu und gross. Er macht einen etwas verlorenen Eindruck.

 

Eindrücklich ist auch der Marktplatz der Religionen. Hier gibt es unzählige Stände von verschiedensten Gemeinschaften. Von Scientology über indische Gurus bis Tibeter, von Ahmedia bis weiss nicht was. Waren die meisten Christen, die ich in Hongkong angetroffen habe, sehr auf sich und ihren Jesus fixiert, scheint hier die Mutter Erde und der universale Geist das verbindende Element. Es scheint alles irgendwie Platz zu haben, aber vielleicht täusche ich mich auch. Auf jeden Fall ist das soziale Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung spürbar.

Donnerstag, 15. Oktober 2015, Salt Lake City

Die Zeit läuft nun sehr schnell. Am vergangenen Montag habe ich noch die Formalitäten im Tao Fong Shan erledigt. Wing Sze war leider nicht da, um mich zu verabschieden. Ich besuche noch das Kino in Shatin und schaue mir den 3D Film Martian von Ridley Scott an. Der Film spielt meistens auf dem Mars. Ein Astronaut wurde auf dem Mars zurückgelassen und kämpft ums Überleben, bis er schliesslich gerettet wird und auf die Erde zurückkehrt. Morgen werde ich fliegen. Der Film ist eine gute Einstimmung dazu. Am Abend gehe ich zum letzten Mal noch ins Aikido. Anschliessend gehen wir miteinander noch fein chinesisch essen. Der Abschied ist herzlich.

 

Dienstag ist Reisetag. Ich kann das Taxi, mit dem der Koch gekommen ist, nehmen und zur Busstation in Shatin gelangen. Von dort geht es mit dem Bus zum Flughafen. Ich gebe die Octopus-Karte zurück, wechsle meine Hongkong-Dollar in Amerikanische Dollar und kaufe mir mit dem Restbetrag eine Toblerone und ein Snikers. Der Flug dauert lange. Leider sitze ich neben einer stark erkälteten älteren Dame aus den Philippinen. Sie wird ihre Erkältung auf mich übertragen. Die Grenzformalitäten in Seattle gehen problemlos vonstatten. Ungewohnt ist, dass ich in der Zeit zurückgereist bin. Weiter geht es nach Salt Lake City. Hier nehme ich ein Tram, das heisst hier Light Train in die Stadt. Am Ticketautomaten schiebe ich eine 20 Dollar Note rein. Ich knacke den Jackpott und bekomme 17.50 in Münzen zurück!

 

Ich wohne im Hotel Little Amerika. Dieser Name ist leicht untertrieben. Denn alles hier ist riesig: Zimmer, Lobbies, Gänge. Eingerichtet ist alles klassisch mit alten Möbeln. Vielleicht kennt jemand den Film Shining. So kommt mir das Hotel etwas vor. (Es fehlt nur noch das Kind auf dem Dreirad und das Gruseln.) Ich geniesse etwas die Infrastruktur dieses Viersterne-Tempels. (Badewanne, Swimmingpool, Jakuzzi, Sauna) Beim ersten Frühstück habe ich mich allerdings vergriffen. Ich bestellte ein europäisches Frühstück und bekam eine Rösti und zwei Käseschnitten mit dickem Schinken und Spiegelei. Das reichte mir für fast den ganzen Tag. Am Morgen mache ich noch einen Spaziergang durch die Stadt. Die ist nicht sehr gross, hat breite Strassen und einige wenige Hochhäuser, viele Hotels. Es war nicht einfach einen Laden zu finden, in dem ich Äpfel, Mineralwasser und Medikamente gegen die Erkältung kaufen konnte.

 

Für den Nachmittag habe ich eine Tour gebucht. Erst kurven wir in der Stadt herum und sammeln noch weitere Teilnehmende ein. Es fallen mir die vielen Obdachlosen auf. Kommentar vom Tourgide: "Homeless, Drugdealers und Gangmembers." Es geht zum grossen Salzsee und auf einen Berg mit Blick auf eine Kufpermine im Tagebau. Das sei der grösste von Menschen angelegte Krater auf der Welt. Ich mache viele Fotos, wie sich das als Tourist gehört. Müde und immer noch im Jetlag kommen wir gegen 21 Uhr zurück. Ich esse nun endlich meinen ersten Burger mit Pommes, Ketchup, wie sich das gehört.

Montag, 12. Oktober 2015, Hongkong

Das ist wohl mein letzter Bericht aus Hongkong. Morgen reise ich weiter nach Salt Lake City. Gestern war ich noch einmal im Gefängnis Shek Pik auf Lantau Island. Die Reise dorthin mit Metro und Bus dauert immer zwei Stunden. Aber nun kenne ich mich schon aus. Ich treffe John Lo, den Leiter der Gefängnisselsorge wie gewohnt an der Busstation von Tung Tschun. Auch im Gefängnis gibt es schon so eine Art von Vertrautheit oder Routine: Läuten an der Pforte, Deponieren des Gepäcks im vollautomatischen Schliessfach, Abgeben des Passes, Sicherheitskontrolle wie am Flughafen, Anstecken des Badges, dann durch die erste Schleuse, warten auf den Wellfare Officer, weiter durch einige weitere Schleusen bis zum Religious Room. In der Morgengruppe sind nur wenige Leute, dafür am Nachmittag umso mehr. Eine der Freiwilligen übernimmt die Liturgie. Heute darf ich predigen. Ich nehme als Predigttext die Stelle über das Licht aus Epheser 5. Ich kann recht frei reden, werde immer sofort auch auf chinesisch übersetzt. Heute ist auch ein Gefangener aus Venezuela dabei, der weder Englisch noch Chinesisch kann. Zum Glück kann ihm Tobias übersetzen. Nach den Gottesdiensten gibt es wie immer die Gelegenheit, mit Gefangenen persönlich zu reden. Am Morgen ist das mit Salomon aus Nigeria am Nachmittag mit drei Einheimischen, die ein wenig Englisch können. Da mich die Gefangenen schon einmal gesehen haben, sind die Gespräche recht offen. Ich hinterlasse auch meine Adresse. Mal schauen, ob ich einmal Post bekomme. Über Mittag essen wir wieder in der Kantine ausserhalb des Gefängnisses. Am Nachmittag begegnen wir noch dem Gefängnisdirektor, erkennbar an dem vielen Gold an seinem Hut. Er schüttelt mir die Hand und bedankt sich herzlich für meine Hilfe: "Thank you very much for your help."

 


Heute fahren wir mit einem Taxi zurück nach Tung Tschun, wo ich mich von allen herzlich verabschiede. Etwas müde fahre ich zurück nach Shatin, trinke noch einen doppelten Espresso, kaufe einen Znacht und steige hinauf zum Tao Fong Shan.

 

Hier im Haus hat es für einmal noch mehr Gäste. Es sind drei unternehmungslustige norwegische Gymilehrerinnen. Ich schaue mir noch eine Dokumentarsendung zu Salt Lake City an und lese zu der phantasievollen Religion der Mormonen. (Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage).

 

Heute Montag habe ich nicht mehr viel vor. Ich werde die Unterkunft bezahlen und mit den Aikido-Leuten noch Abschied feiern.

Samstag, 10. Oktober 2015, Hongkong

Am Mittwoch bleibe ich einmal zu hause. Es regnet auch noch immer. Ich schreibe Blog und ruhe mich aus und lebe von meinen Vorräten.
Dafür bin ich am Donnerstag wieder im Gefängnis von Shek Pik. Es läuft ab wie schon zuvor. Nach den Sicherheitskontrollen und vielen Türen warten wir im Religious Room auf die Gefangenen. Heute dauert es etwas länger, da Offizielle das Gefängnis besuchen. Doch dann kommen die Gefangenen. Es sind zwei Englisch-Sprachige dabei. Ein Nigerianer, ein Tansanier. Vor allem mit dem Nigerianer habe ich ein längeres Gespräch. Er gibt mir auch seine Kontaktdaten, so dass ich ihm schreiben kann. Das Mittagessen ist wieder in der Kantine und ist vorzüglich. Am Nachmittag lerne ich einen Belgier kennen. Er wird in vier Monaten wieder entlassen. Er ist froh, wieder einmal mit jemandem Französich sprechen zu können. Ein Nordost-Inder muss noch zwei Jahre bleiben.

 

Am Freitag unternehme ich richtig viel. Am Morgen treffe ich mich erst mit Bettina in Kowloon. Wir trinken Kaffee auf einem künstlichen, ruhigen, durchaus gemütlichen Platz inmitten der Wohntürme und dem ICC-Wolkenkratzer, dem höchsten Gebäude von Hongkong und dem siebthöchsten Gebäude der Welt. Dann treffe ich mich mit Christian. Zusammen gehen wir erst taiwanesisch Mittagessen und besuchen dann einen Tempel. Er als Sinologe kann die Inschriften lesen und erklärt mir viel zu den einzelnen Götterfiguren, die wir da vorfinden. Neben dem Haupttempel besuchen wir noch zwei Nebentempel. Der Dritte ist unter Renovation und Geschlossen. Es stört überhaupt nicht, wenn wir Fotos machen. Einige Figuren machen einen recht archaischen Eindruck. Andere sind eher neueren Datums. Auf jeden Fall werden wir durch die zahlreichen aufgehängten Räuchersprialen regelrecht durchgeräuchert. So eine Spirale soll eine Woche lang brennen und rauchen.

 

Dann gehen wir zusammen in das Restaurant auf dem Plätzchen, wo ich am Morgen mit Bettina schon war. Wir trinken etwas. Dann besuchen wir das Aussichtsdeck des ICC. Das liegt auf 393 Metern. Die Aussicht ist umwerfend. Sogar das Haus, in dem Bettina wohnt, liegt weit unter uns. Von hier aus bekomme ich wie aus einem Flugzeug einen Eindruck der Grösse der Stadt. Einige Male machen wir den Rundgang. Es hat auch sehr wenige Leute. Schliesslich fahren wir wieder zurück auf den Boden der Realität. Christian geht noch in eine Buchhandlung. Ich gehe zu Fuss südwärts, quere noch einmal den Kowloon Park und fahre mit der alten Star-Ferry hinüber nach Central. Diese Überfahrt empfiehlt jeder Reiseführer und wurde mir von allen hier auch empfohlen. Es waren schöne 10 Minuten mit Blick aufs Meer und die Hochhäuser.

 

In Central finde ich Ausgang J, wo ich mich mit Tobias verabredet habe. Da ich aber noch etwas Zeit habe höre ich einer Musikdarbietung in einem Park etwas zu. Es gibt auch wieder einen Drachentanz. Auf einer Bank bei Wasserspielen ruhe ich mich etwas aus. Schliesslich werde ich von Gaby, der Frau von Tobias abgeholt. Beinahe hätten sie mich vergessen. Wir dinieren gediegen im Restaurant Shanghai Garden. Dabei ist noch das Ehepaar Baumgrartner aus der Schweiz, Jürg ist Pfarrer in Winterthur und Diakon Hans-Peter Rissi aus Kreuzlingen. Er war einmal für die Mission 21 in Taiwan und ist auf der Durchreise dahin.

 

Dann gehen wir zum Ausklang des Abends noch in eine Bar auf dem Dach eines Hochhauses in der Nähe. Wieder haben wir Blick auf die umliegenden Bauten mit ihren Lichtspielen, vor allem die Lichter der HSBC.

 

Heute Samstag besuche ich nur das elf-Uhr Aikido. Anschliessend gehe ich gemütlich zurück nach Shatin, wo ich noch kurz einkaufe und wieder den Berg hinauf steige. Morgen muss ich wieder früh raus. Es geht noch einmal ins Gefängnis Shek Pik. Ich bin gebeten worden, eine Predigt zu halten. (Ich weiss zwar nicht, ob das im Bildungsurlaub erlaubt ist, oder nicht. Ich mache es einfach einmal.)

Mittwoch, 7. Oktober 2015, Hongkong

Am Montag gehe ich erst relativ spät aus dem Haus. In Shatin esse ich etwas in einem chinesischen Take Away. Dann schaue ich mir den chinesischen Film: "Assassin" von Hsiao-Hsien Hou an. Der Film hat am Filmfestival von Cannes den Preis für den besten Director und den besten Soundtrack gewonnen. Es ist ein farbiger Kostümfilm mit viel Seide und wunderschönen Bildern und Menschen, der im 9. Jahrhundert in China spielt. Von der Handlung her bin ich nicht ganz drausgekommen. Es ging um viel Ehre, Intrigen und Loyalitäten. Dem Ganzen könnte auch eine chinesische Oper zugrunde liegen.
Dann gehe ich noch ins Aikido und mit einem, der Trainingskollegen noch essen.

 

Am Dienstag treffe ich mich auf Hongkong Island mit Gavin Wort. Er ist anglikanischer Priester und für zwei Monate hier in Hongkong in einem Sabbatical. Er beschäftigt sich hier vor allem mit buddhistisch-christlichem Dialog. Dafür besucht er Vorlesungen an der Uni und besucht buddhistische Klöster. In England ist er in einem Gremium seiner Kirche, das sich mit anderen Religionen beschäftigt. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Ich habe ihn am Walk against Climate-Change kennengelernt.

 

Eigentlich wollen wir noch zusamamen zum Sikh-Tempel gehen, doch dann kommt ihm in den Sinn, dass er noch abgemacht hat, zu Hause anzurufen. Deshalb gehe ich alleine weiter. Da der Hongkong-Park in der Nähe liegt, spaziere ich dort noch durch. Es gibt eine riesige Vogelvoliere mit vielen farbigen Vögeln. Da es immer noch von Zeit zu Zeit regnet, ist es tropisch feucht neblig. Es gibt eine eigene Stimmung. Mit einem Doppelstöckigen Tram fahre ich ein Stück und finde dann den Sikh-Tempel. Ich setze mich eine Weile auf den Teppichboden und höre den Lesungen aus dem heiligen Buch der Sikhs etwas zu. Dann gehe ich wieder. Ich fahre noch einmal mit dem lustigen Tram.


Da ich noch viel Zeit habe, fahre ich einmal die Kaskaden von Rolltreppen von Central hinauf bis es nicht mehr weitergeht. Auf der Seite der Rolltreppen sieht man oft in kleine Bars und Bistrots hinein. Da die Rolltreppen nur aufwärts fahren und es abwärts nur Treppen gibt und ich keine Lust habe, so viele Treppen hinabzusteigen, nehme ich einen Minibus und fahre hinunter bis zum Hafen.

 

Um 18:30 Uhr ist ein Round-Table Treffen der Gruppe Sacred Spaces in einem Starbucks geplant. Da Justin, der Organisator viel zu spät kommt, beginnt das Treffen erst eine Stunde später. Es ist eine lockere Runde von wenigen Teilnehmenden und ein lockeres Gespräch zu Spiritualität, aber auch zu politischen Fragen. Gavin ist ebenfalls gekommen. Dann sind da drei Frauen, ein älterer Herr, der katholisch ist, ein jüngerer und Justin, den ich schon vorgestellt habe. Der einen Teilnehmerin missfällt, dass es christliche Gruppen gibt, die nichts anderes im Sinn haben, als sie zu missionieren. Sie selber findet eher Gefallen an buddhistischen Lehren. Spät und im Regen komme ich zurück nach Tao Fong Shan.

 

Montag, 5. Oktober 2015, Hongkong

Vergangenen Freitag habe ich das kleine Kunstmuseum Art Space auf Hongkong Island besucht, wo eine Künstlerin, die ich am Walk gegen Climate-Change kennengelernt habe, ausstehllt. Sie befasst sich mit Düften der Stadt. Die Ausstellung heisst Nose HK. https://www.facebook.com/nosehk?fref=ts Auf einem Bildschirm gibt es einen kurzen Film, wo Leute erzählen, was sie für Dufterinnerungen von Hongkong haben, z.B. das Tram, oder Abfall, oder der Park nach Regen usw. Andere kleine Zimmer sind interessant eingerichtet und anzusehen, doch komme ich nicht immer draus, was sie bedeuten sollen.

 

Am Samstag bin ich mit der Familie Blank - Spycher verabredet. Wir treffen uns beim Pier 9 beim Maritime Museum. Zuerst trinken wir aber einen Kaffee. Dann besuchen wir das Museum. Alles dreht sich um die Schifffahrt. Es gibt unzählige Schiffsmodelle zu bestaunen. Eine Abteilung befasst sich mit antiker und aktueller Piraterie. Dann geht es um den Hafen von Hongkong und seine Geschichte sowie um technische Aspekte der Schifffahrt. Schön ist am Museum, dass man durch grosse Fenster immer wieder auf den Hongkong Harbour sieht und die "richtigen" Schiffe beobachten kann. Dann essen wir in der Nähe zu Mittag feine Dim Sum. Wir wollen eigentlich noch durch den Hongkong Park spazieren, trinken aber nach einer Fahrt mit der Metro vorher noch in einem ansprechenden Restaurant einen Kaffee und essen Kuchen. Dann beginnt leider der Regen. Ein Taifun, der südlich von Hongkong aufs Festland treffen soll, war angekündigt. So spazieren wir alles überdacht von einer Mall zur nächsten, kilometerweit bis Hongkong Central, wo wir wieder die Metro nehmen und zur Wohnung von Blank - Spychers im 68. Stock fahren. Aus der Mall über der Metrostation gibt es einen direkten Zugang zum Wohnturm. Wir trinken wieder Kaffee und selbstgebackene Guetzli. Die Aussicht bei Tag ist wieder umwerfend. Die Regenwolken geben eine ganz eigene Stimmung.

 

In der Nacht auf Sonntag war der Taifun richtig aktiv. Wind und Regen haben die ganze Nacht gegen das Fenster geschlagen. Ich bin wieder früh unterwegs. Zum Glück ist es einen Moment lang trocken, doch der Weg nach Shatin hinunter ist glitschig. Ich treffe mich mit Esther, von der Gefängnisseelsorge an einer Minibusstation auf Hongkong Island. Zusammen fahren wir ins Gefängnis von Stanley. Hier besuchen wir eine Gruppe von englisch-sprechenden Gefangenen. Esther ist in Australien aufgewachsen. Dabei sind noch andere englisch-sprechende Freiwillige. Wir singen einige Lieder. Dann wird ein Bibeltext gelesen. Anschliessend lässt Esther die Aufnahme eines frommen amerikanischen Fernsehpredigers, der diesen Text vor riesigem Publikum zum Besten bringt, laufen. Das Ganze ist für mich schon sehr gewöhnungsbedürftig. Anschliessend diskutieren wir in zwei Gruppen. Es gelingt mir sogar einige etwas kritischere Bemerkungen einzubringen. Die Gebete sind eindringlich. Einer der Gruppe hat Kuchen und Traubensaft dabei, der als eine Art Abendmahl geteilt wird.

 

Einer der Freiwilligen hat ein dickes Auto. Damit bringt er uns zurück auf die Nordseite von Hongkong-Island. Mit Esther zusammen esse ich in einem chinesischen Take Away. Dann teffen wir zwei weitere Freiwillige, und wir fahren mit Metros und einem Bus zu einem weiteren Gefängnis. In diesem Gefängnis bleiben die Gefangenen meist nicht lange. Einige waren vorher zum Beispiel in Shek Pik und kommen für die letzten zwei Jahre hierher. Andere sind nur kurz in diesem Gefängnis. Hier ist es anderes organisiert. Erst müssen die Teilnehmenden an der Bibelstunde geworben werden. Dazu werden die männlichen Freiwilligen in einen Aufenthaltsraum gelassen. Esther muss draussen warten. Hier sitzen nur ausländische Gefangene an Tischen herum. Einige schauen sich an aufgehängten Fernsehern einen Actionfilm an. In einer Ecke liest einer im Koran. Ein anderer zeichnet in ein Heft. Die Gefangenen sind freundlich und offen, lassen sich begrüssen und ansprechen. Ich kann einige Worte mit einem Sikh tauschen. Er spricht kaum Englisch, aber freut sich über meine wenigen Worte auf Punjabi. Einige andere sind aus Afrika, viele aus Pakistan, wenige aus Indien oder woher auch immer. Schliesslich lassen sich etwa fünf Gefangene darauf ein, mitzukommen. In einem leeren Schlafraum setzen wir uns in der Mitte um einen Plastiktisch. Es gibt eine Vorstellungsrunde. Die meisten sind Christen, zwei sind Muslime. Es gibt eine Vorstellungsrunde. Dann bringt einer der Afrikaner eine Glaubensfrage auf den Tisch. Wir lesen den Text und diskutieren. Zufälligerweise ist es der gleiche Text, wie der vom Morgen. (Joh. 6..) Zum Schluss wird wieder fromm gebetet. Dann ist die Zeit um und wir verabschieden uns. Ich fahre etwas erschöpft zurück nach Shatin, trinke noch einen Kaffee und kaufe Sushi zum Znacht.

Freitag, 2. Oktober 2015, Hongkong

Am Dienstag nehme ich es für einmal eher ruhiger. Am Morgen räume ich meinen Mailordner auf und beantworte einige liegengebliebene Mails. Zum Mittagessen habe ich mit Christian Meyer abgemacht, dem Sinologen aus Deutschland. Wir gehen in Shatin ins Dintaifong, wo es hervorragende Dumplings gibt. Christian schwärmt vom Essen in Taiwan, wo er einige Zeit verbrachte. Ich wollte noch ins Herritage Museum in der Nähe, doch hat es Dienstags geschlossen, was ich vergessen hatte. So spaziere ich durch den Park hin und wieder zurück und gehe schliesslich zurück ins Tao Fong Shan.

 

Am Mittwoch gehe ich dann doch noch ins Museum. Ich schaue mir besonders den Teil über die chinesische Oper näher an. Auch gehe ich noch einmal durch die Keramikausstellung, die ich letztes Mal nicht mehr richtig angeschaut habe. Später gibt es ein Aikido-Training. Dieses Mal sind etwas mehr Leute dabei. Ein Peter mit Amerikanischen Wurzeln gibt das Training. Anschliessend kommen einige noch zum Bier.

 

Am Donnerstag gelingt es mir mit Justin, von Sacred Spaces abzumachen: http://www.meetup.com/de/Hong-Kong-Sacred-Spaces/ Wir treffen uns in einem französischen Kaffee auf Hongkong-Island. Justin hat italienische Grosseltern, ist aber in den USA aufgewachsen und jetzt mit einer Hongkong-Chinesin verheiratet. Seit fünf Jahren ist er hier und arbeitet im Family-Business der Schwiegereltern. Die Gruppe Sacred Spaces trifft sich regelmässig und besucht religiöse Stätten verschiedenster Religionen in und um Hongkong. Manchmal gibt es auch einen Round-Table zu religiösen Fragen. Ich werde kommende Woche an so einem Round-Table teilnehmen. Wir verbringen und diskutieren den ganzen Nachmittag im Kaffee.

 

Ich wollte noch ins Kino, aber es war hoffnungslos ausverkauft, da heute Nationalfeiertag ist und die Leute Zeit haben für Kino. Vielleicht lag es auch am Film: "Hongkong Trilogy". Heute war Premiere. Mal schauen, ob es mir noch gelingt ihn zu sehen, bevor ich hier abreise.

Dienstag, 29. September 2015, Hongkong

Am Sonntag begleite ich die Reisegruppe aus Norwegen und Schweden. Alle sind mit Tao Fong Shan durch ihre Missionsgesellschaft verbunden. Die meisten haben früher einmal einige Zeit hier verbracht. Zuerst wird uns in einem Seminarraum und einer Power-Point Präsentation die das Tao Fong Shan näher gebracht. Wir hören aus der Geschichte und der Gegenwart. Für die meisten der Zuhörenden dürfte das alles bekannt sein. Dann besuchen wir noch die Krypta unter der Kirche und das Labyrinth und fahren dann schliesslich mit einem kleinen Bus zum Tempel Sik Sik Yuen Wong Tai Sin, den ich schon einmal besucht habe. Heute ist das Mid-Autumn-Festival. Deshalb ist heute besonders viel los. Viele Gläubige zünden Räucherstäbchen an oder kommen, um von Wahrsagern etwas aus ihrer Zukunft zu erfahren. Wir essen in einem traditionellen chinesischen Restaurant ganz in der Nähe. Es ist ein Riesensaal. Wir bekommen einen Platz in einem kleinen Nebenraum und sitzen zu zwanzigst um einen runden Tisch. Dann werden Speisen gebracht, die zum Teil noch gewöhnungsbedürftig sind. Denn Hünerkopf und die Hünerfüsse lasse ich beiseite. Am Sonntag-Abend besuche ich den Abendmahlsgottesdienst im Tao Fong Shan. Die Liturgie leitet wieder Maggie, die ich bereits aus der Union-Church kenne. Die Predigt hält eine junge lutheranische Studentin, die im Lutheran Seminar nebenan studiert. Die Liturgie ist sehr frei und modern formuliert. Es gibt sogar eine moderne Fassung des Unser Vater und ein modernes Glaubensbekenntnis. Anschliessend wird zu einem einfachen vegetarischen Abendessen eingeladen. Als Dessert gibt es Mooncake. Ein Mooncake ist ein runder Kuchen mit etwa 10 cm Durchmesser. Eingebaut ist ein Eidotter. Rundherum ist eine Paste aus Lotus-Samen, und die Hülle ist ein Bisquit. Das Ganze ist nur wenig süss, aber ziemlich nahrhaft.

 

Am Montag fahre ich früh nach Lantau-Island nach Tung Chung. Dort treffe ich Leute von der interreligiösen Gruppe People's Pilgrimage for Climate Action. Mit einem Bus fahren wir hinauf bis nach Ngong Ping. Dort gibt es eine riesige Buddhastatue, die ich aber nicht sehe, da wir uns in einem Wäldchen lagern. Es sind schon zahlreiche Leute dort, die selbständig mit einem Bus oder dem Gondelbähnchen angereist sind. Im Ganzen schätze ich etwa 200 Leute. Ich treffe wieder auf Will Newman, den Pfarrer von der Anglikanischen Kirche. Marc Walten, der Jude, der English unterrichtet, ist ebenfalls dort. Die Sikhs stellen eine grosse sichtbare Gruppe. Gut vertreten sind auch die Buddhisten. VertreterInnen verschiedener Religionsgemeinschaften halten kleine Reden zum Thema Umwelt - Bewahrung der Schöpfung etc.. So zum Beispiel einer der drei katholischen Bischöffe von Hongkong. Das mitgebrachte vegetarische Essen wird schweigend eingenommen. Gemeinsam werden noch zwei drei Lieder gesungen.

 

Dann machen sich alle auf den Weg hinunter nach Tung Chung. Auf dem Weg hinunter spreche ich mit einer jungen Künstlerin. Sie interessiert sich speziell für Kommunikation und fragt mich etwas zu Seelsorge aus. Im Moment habe sie eine Ausstellung zu Düften. Ich hoffe, sie wird mir die Adresse schicken, damit ich mir das anriechen kann. Dann spreche ich mit einem jungen Buddhisten. Er kommt immer am Wochenende nach Ngong Ping für eine buddhistische Belehrung-Meditation. Seit er dem Buddhistischen Weg folge, sei es in seiner Familie harmonischer geworden. Er lädt mich ein, ebenfalls einmal an einem Sonntag zu kommen. Leider muss ich das auf eine spätere Reise verschieben, da meine zwei noch ausstehenden Sonntage in Hongkong schon verplant sind. Dann lerne ich noch einen jüngeren anglikanischen Pfarrer aus England kennen, der jetzt gerade ebenfalls in einem Sabbatical ist. Er sucht den Kontakt vor allem zu Buddhisten und besucht Klöster. Vielleicht ergibt sich noch etwas zusammen. Ich lasse ihm mal meine Email-Adresse. Einer Namens Jack, ein Hongkong-Engländer wird heute noch nach Rom reisen, um dann mit einer Gruppe zu Fuss nach Paris zu wandern, wo eine Wichtige Konferenz zum Klima stattfinden wird. Ich lasse ihm meine Karte, damit, wenn er durch die Schweiz wandern sollte, mich kontaktieren könnte.

 

Der Weg ist zum Teil sehr steil. Es geht in die Knie. Nach etwa eineinhalb Stunden sind wir bereits am Ziel. Hier haben sichs die Sikks bereits gemütlich gemacht und singen in einer Runde Kirthans. Dann ist der Anlass zu Ende und alle suchen den Weg wieder zurück in die Stadt.

 

Ich kaufe in Shatin noch Vorräte und etwas zum Znacht, trinke einen doppelten Esspresso und steige wieder hinauf zum Tao Fung Shan.

 

 

 

Samstag, 26. September 2015, Hongkong

Am Freitag fahre ich nach Stanley. Das liegt auf der Südseite von Hongkong-Island. Dort fährt die Metro nicht hin. Deshalb nehme ich von Hung Hom einen Bus, der unter dem Victoria-Harbour durch fährt und nachher durch den Aberdeen Tunnel auf die andere Seite der Insel fährt. Stanley liegt auf einer Halbinsel und ist sehr touristisch. Sehr viele Franzosen machen hier Ferien. Es gibt Strände, Hotels und viele französiche Restaurants. Vor dem St. Stephens College treffe ich den anglikanischen Pfarrer Will Newman. Will ist schon seit neun Jahren in Hongkong, kommt ursprünglich aus England. Will zeigt mir seine geschichtsträchtige Kirche. Hier und im benachbarten Stanley-Gefängnis wurden bei der Besatzung durch Japan Ausländer interniert. Dann spazieren wir durch den Touristen-Markt von Stanley zu einem französichen Restaurant zum Mittagessen. Will erzählt mir viel auch über die interreligiöse Arbeit in Hongkong. Es werden Tagungen und Anlässe organisiert, wie der am kommenden Montag. Er erzählt mir auch aus der Kirchenpolitik der Anglikaner. Es ist nicht einfach konservative und progressive Strömungen unter einen Hut zu bringen. Hier in Hongkong gibt es eine Trennung der kantonesisch und der englisch sprechenden Gemeinde. Will möchte mir noch weitere Kontakte vermitteln. Auf jeden Fall werde ich am Montag noch weitere interreligiös engagierte Leute kennenlernen. Der Imam der Hauptmoschee sei sehr offen. Im Moment sei er gerade auf Pilgerfahrt in Mekka.

 

Wir verabschieden uns und ich, fahre mit Bus und U-Bahn wieder zurück nach Kowloon. Da ich noch Zeit habe besuche ich noch einmal das Kino Cinémateque. Dort gibt es ein alternatives Kaffee mit chaotischer Buchhandlung/Drittweltladen/Bibliothek etc. Ich tinke einen Ice-Lemon-Tea, wie Eistee hier heisst. Dann schaue ich mir den Film: "Office" von Johnie To an. Johnie To ist ein Regisseur und Produzent, auf den ich vor einigen Jahren in Locarno aufmerksam wurde. Dieser Film ist speziell. Er spielt in einem künstlich überhöhten Hongkong. Alles ist clean und kalt, fast kitschig. Es geht um die brutale Geschäftswelt, um Karrieresucht, Intrigen, Geschäfte, Verluste, Betrug, unmögliche Liebschaften. Es ist eine einzige Kritik an der Businesswelt in Hongkong. Das Ganze ist auch ein Musical. Die Akteure singen und tanzen dazwischen. Ein wunderbarer Film, den man vielleicht nur versteht, wenn man einmal in Hongkong war. vgl: http://tiff.net/festivals/festival15/specialpresentations/office

 

In Shatin kaufe ich mir noch Sushi und Bier für das Abendessen.

 

Heute Samstag besuche ich von elf bis eins ein Aikido-Training. Heute gibt eine Chie-szie das Training. Sie hat kürzlich ein Aikido-Seminar in Japan bei Endo-Sensei besucht und zeigt nun, was sie dort gelernt hat. Es ist sehr inspirierend. Dann fahre ich zurück nach Shatin. Es gibt ein heftiges Gewitter. Ich bin froh, dass die Bahnstation Shatin in einer grossen Mall liegt. So gehe ich für einmal in ein Italienisches Restaurant esse Salat und Pizza. Für einmal ohne Stäbchen. Der Kaffee ist echt Lavazza!

 

Zum Glück hat es wieder aufgehört zu regnen. Dafür hat es jetzt Nebel, ein Dampfbad bei 30 Grad. Ich steige zum Tao Fong Shan hinauf und benötige erst mal eine Dusche. Dann besuche ich im Christ-Tempel zwei kurze Vorträge. Der erste befasst sich mit der Geschichte des Institutes hier am Ort und dem umstrittenen Missionar Reichelt. Er hat schon Anfangs des letzten Jahrhunderts den Dialog mit chinesischen Buddhisten gepflegt. Dafür wurde er oft angegriffen. Einer war sehr berühmt, war Gründer des 10'000 Buddha-Tempels hier in der Nachbarschaft und wird dort jetzt als Buddha verehrt.

 

Der zweite Vortrag ist von einer Doktorandin des Instituts. Sie befasst sich mit chinesischen Muslimen aus ihrer Heimatstadt in China. Es ist sehr interessant, wie die Muslime sich in Architektur und Bräuchen der chinesischen Kultur angepasst haben. Die meisten der Zuhörer der Vorträge kommen aus Norwegen. Es ist eine Gruppe, die eine enge Verbindung zum Tao Fong Shan pflegt.

 

Mit ihnen werde ich morgen auf einen Ausflug gehen. Morgen ist nämlich das Midautum-Festival. Da wird in den Tempeln und auf den Strassen viel los sein.

 

 

Freitag, 25. September 2015, Hongkong

Am Mittwoch-Nachmittag esse ich in der Shatin Branch von Dintaifung feine Dumplings. Dann gehe ich ins Kino. Um das Kinoprogramm und die Orte der zahlreichen Kinos rauszufinden, bin ich froh um das Internet. Es gibt in Hongkong ein riesiges Angebot. Im Moment läuft zum Beispiel ein Festival mit italienischen Filmen oder ein Filmfestival mit Queer-Filmen. Ich entscheide mich für einen chinesischen Film in der Cinémathèque: "A tale of three cities". Darin geht es um eine Liebesgeschichte, die sich über viele Jahre hinzieht. Es sind die schwierigen Kriegsjahre und Wirren um den zweiten Weltkrieg und danach. Fluchtgeschichten und wie Familien auseinandergerissen werden. Manchmal ist der Film etwas kitschig, doch bringt er einem die damalige Stimmung und Kultur etwas näher. Hongkong galt damals als sicherer Hafen und ist Endpunkt der Geschichte.

 

Anschliessend gehe ich ins Aikido und danach noch auf ein Bier mit Matthew.

 

Am Donnerstag-Nachmittag besuche ich endlich das Hongkong-Heritage Museum, das hier in Shatin liegt. Es ist ein riesiger moderner Bau. Lange Rolltreppen führen bis unters Dach. Es gibt eine Sonderausstellung zu Bruce Lee mit zahlreichen persönlichen Gegenständen, Trainingsgeräten, Kleidern, Fotos, Filmausschnitten, Briefen, Dokumenten etc. Die Ausstellung ist äusserst professionell und ansprechend gestaltet. Bruce Lee ist ja in Hongkong aufgewachsen, war dann in den USA und hat hier weiter Filmkarriere gemacht. Im Kino des Museums schaue ich einen 70minütigen Dokumentarfilm mit zahlreichen Interviews mit Leuten, die ihn persönlich gekannt haben.

 

Zwei weitere Ausstellungen zeigen einerseits alte tibetanische und andererseits alte chinesische Kunst. Beides wird mit moderner Kunst verbunden, eine spannende Sache. Eine weitere Ausstellung befasst sich mit Traumwelten. Einige moderne Künstler haben begehbare Traum-Räume geschaffen.

 

Es gäbe noch einige weitere Ausstellungen. Doch für heute genügt es. Sicher werde ich dieses Museum noch einmal besuchen.

 

Nach einem schnellen doppelten Esspresso bei Pacific-Coffee fahre ich zur Universität. Dort nehme ich, wie schon letzte Woche am Studentengottesdienst teil. Heute ist der Gottesdienst thematisch dem Jahrestage des Umbrella-Movements gewidmet. Tobias Brandner hat darüber in der WoZ berichtet: http://www.woz.ch/-54db und https://www.woz.ch/-58e0

 

So ist der Gottesdienst sehr politisch. Es geht um Repressionen von Seiten des chinesischen Staates gegenüber den Christen in Mainland-China. So mussten an einigen Orten die Kreuze von den Kirchen heruntergenommen werden, was natürlich zu Protesten geführt hat. Hier in Hongkong geht es um die Demokratiebewegung.

 

Anschliessend an den Gottesdienst sind einige Theologie-StudentInnen und ich bei Tobias Brandner zu Hause zum Essen eingeladen. Die StudentInnen bringen als Geschenk Rotwein mit. Tobias wohnt mit seiner Familie in einer geräumigen Wohnung auf dem Gelände der Universität. Nach dem Essen werden zuerst christliche Lieder gesungen. Dann gibt es eine Runde, in der jede und jeder etwas was ihn oder sie gefreut hat, oder was problematisch ist, geteilt wird. Ein Student erzählt, dass er von Seiten seiner Kirche keine Unterstützung bekomme, eine andere erzählt vom schwierigen Zusammenleben mit Leuten aus Mainland-China, da die Schmutz-Standards nicht dieselben seien. Eine andere erzählt, dass manchmal hergebrachte Glaubensvorstellungen ins Wanken kommen und wenig Zeit bleibt, um neue aufzubauen. Um 22 Uhr gehen die StudentInnen. Ich trinke mit Tobias noch ein Glas Wein. Dazwischen werden wir durch Lärm und den Hinweis von Tobias' Frau, die gerade heim kommt, rausgerufen. Eine Gruppe von StudentInnen machen einen Tigertanz. Eine andere Gruppe antwortet darauf mit Sprechchören. So geht es eine Weile hin und her.

 

Dann mache ich mich spät wieder auf den Weg nach Shatin. Von der Wohnung von Tobias geht es viele Treppen hinunter bis zur Metrostation. In die andere Richtung hätte es eine Kaskade von Rolltreppen.

 

Mittwoch, 23. September 2015, Hongkong

Am Montag-Abend habe ich wie geplant, Catherine Wong getroffen. Sie arbeitet im Kommunikationsbüro der katholischen Kirche. In ihrer Funktion war sie schon an diveren ökumnischen Filmjuries. Die katholische Kirche hatte ein regelmässiges Fernsehproramm. Doch nun wurde der Sendeplatz zu teuer. Deshalb werden jetzt DVDs zur Gratisverbreitung und Youtube-Videos publiziert. Catherine Wong macht das Skriptwriting. Wir essen zusammen in einem Shanghai-Restaurant. Ich selber kann die verschiedenen chinesischen Ess-Richtungen noch nicht unterscheiden. Auf jeden Fall ist es sehr schmackhaft. Die Desserts sind mit einem Wein zubereitet. Im einen hat es Ingwer.

 

Am Dienstag-Morgen werde ich von Oisze von der Tsung-Tsin Mission an der Metrostation Shatin erwartet. Die Tsung-Tsin Mission steht in enger Verbindung zur Mission 21. Sie betreibt zahlreiche Kirchen und Schulen und ist an sozialen Projekten beteiligt. Mit Oisze fahre ich nach Fanling, das liegt nahe der chinesischen Grenze. Dort werde ich im Fanling Kau Yau College herumgeführt. Die Führung hat einen ziemlich offiziellen Charakter. Zwei ältere Schülerinnen, eine Lehrerin und ein Fotograf werden uns auf dem ganzen Rundgang begleiten und für Fragen zur Verfügung stellen. Im Büro der Rektorin Veronika stellen wir uns gegenseitig vor. Es wird Tee gereicht, der aber stehenbleibt, da wir uns sogleich auf den Rundgang begeben. Wir besuchen eine Englisch-Klasse. Die Schulzimmer sind alle technisch hochgerüstet mit Beamer, PCs und so weiter. Dann schauen wir noch bei der Chemie und im äusserst luxuriösen Lehrerzimmer um. Beim Kunstleherer gibt es weitere Fotos. Dann besuchen wir noch eine andere Englisch-Klasse. Der Lehrer ist Marc Wathen, ein Jude. Sogleich kommen wir ins Gespräch. Er kommt aus Maine USA. Er ist im interreligiösen Dialog engagiert. Am Montag werden wir uns auf der Wanderung gegen den Klimawandel wieder sehen. Es scheint, dass man sich in Hongkong immer wieder über den Weg läuft.

 

Im Vorgarten des Gymnasiums an der prallen Sonne gibt es noch weitere Fotos. Ich darf zum 15jährigen Jubiläum noch eine Grussbotschaft in die Kamera sagen. Dann tinken wir noch den inzwischen kalten Tee im Büro, bekommen eine Jubiläumstasche mit kleinen Geschenken, bevor wir uns verabschieden.

 

Ein Lehrer fährt uns mit dem Privatauto zu einer der ältesten Kirchen von Hongkong. Eine sogenannte Hakka Kirche. Es gibt zwar nicht viel zu sehen, denn die alte Kirche wurde abgebrochen und durch bereits mehrere neuere ersetzt. Auf jeden Fall sei der Ort geschichtsträchtig. Dann fahren Oisze und ich mit Taxi und Metro wieder in die Stadt. Dort treffen wir auf Hans Lutz, der uns an der Metrostation erwartet. Hans Lutz ist ca 80 Jahre alt, Veteran der Basler Mission 21 und immer noch sehr aktiv. In einer Mall in der Nähe gehen wir in ein Restaurant, wo seine chinesische Frau bereits wartet. Wir essen gut. Dann verabschiedet sich Oisze. Mit dem Ehepaar Lutz gehe ich zu ihnen nach Hause zum Kaffee. Sie wohnen in einer schön eingerichteten gemütlichen Wohnung einem Hochhaus, allerdings nur im zweiten Stock. Über den Sommer sind Lutzens gewöhnlich für drei Monate in ihrer Wohnung in Bern.

 

Mit Hans Lutz fahre ich mit dem Taxi zum Shelter. Das ist ein Hilfsprojekt für Migrantinnen. Dieses Projekt wird von Mission 21 finanziell unterstützt. (siehe: http://www.mission-21.org/projekte-und-partner/projekte/asien/hongkong-sar-china/project/69/?tx_hfprojektdb_pi1%5Bbackpid%5D=1006)

Eine Gruppe von Freiwilligen ist gerade dabei mit einer Gruppe von Haushalthilfen, meistens Indonesierinnen, Halsketten herzustellen. Das gehört zum Beschäftigungsprogramm. Sonst bietet das Projekt Rechtsberatung und Hilfe beim Gang auf Behörden und Gerichten an. Wenn Haushalthilfen keine Wohnmöglichkeiten mehr haben, kann im Projekt in einem Mehrbett-Koienzimmer übernachtet werden.

 

Mit dem Taxi fahren wir zur nächsten Metrostation. Ich verabschiede mich von Hans Lutz und fahre schliesslich wieder zurück nach Shatin und Tao Fong Shan.

Montag, 21. September 2015, Hongkong

Gestern habe ich den Gottesdienst der Union-Church in der Nähe der Jordan-Station besucht. Ich wurde herzlich von einer Pfarrerin empfangen. Tobias Brandner hielt die Predigt. Es waren ca. 80 Leute da, darunter viele Frauen mit Migrationshintergrund :-)) Ich bekomme ein Liturgieblatt. Die Texte der Lieder und liturgische Texte werden an die Wand projiziert. Im Verlaufe des Gottesdienstes dürfen sich neue Besucher und Besucherinnen vorstellen, so auch ich. Die Kinder werden speziell begrüsst. Ein Teil ist für sie bestimmt: das heisst family talk. Dann dürfen sie in die Sonntagschule und kommen nach dem Gottesdienst mit gebastelten Sachen wieder zurück. Anschliessend an den Gottesdienst gibt es im Nebenraum Kirchenkaffee und Geburtstagskuchen. Alle die im September Geburtstag haben, dürfen den Kuchen anschneiden. Ich mache das im Namen meiner Schwester, die heute Geburtstag hat. :-))


Beim Kirchenkaffee spreche ich mit zwei Flüchtlingen. Einer ist aus Kamerun und der andere, Arun, aus Sri Lanka. Arun ist schon seit 10 Jahren hier in Hongkong, aber er darf immer noch nicht arbeiten. Er ist alleine auf sich gestellt, hat keine Familie.

 

Den Nachmittag verbringe ich im Kowloon Park. Hier treffen sich viele muslimische Frauen aus Indonesien. Sie haben am Sonntag ihren freien Tag und pikniken hier ungezwungen. Die grosse Moschee von Hongkong ist gleich in der Nähe. Dazwischen esse ich in einem koreanischen Restaurant. In der Strasse gäbe es sogar Italienisch, Türkisch oder Indisch. Ein Restaurant ist sogar Deutsch angeschrieben und hat Bilder von Würsten im Schaufenster. Später schaue ich am Kungfu-Corner einigen Darbietungen zu: Von Tai Chi bis Karate. Speziell ist ein Drachentanz.

 

Da ich mich in der Zeit verrechnet habe, bin ich zu spät fürs Aikido. Deshalb fahre ich schliesslich zurück nach Shatin. Dort kaufe ich chinesisches Bier, Äpfel und Sushi für das Abendessen und steige hinauf zum Tao Fong Shan.

 

Am Montag-Morgen bekomme ich Antwort von Will Newman. Er lädt mich ein am kommenden Montag, das ist ein Feiertag an einer interreligiösen Veranstaltung teilzunehmen. Es ist ein Anlass des Hong Kong Interfaith Climate Network. https://hkicn.wordpress.com/ Sie sind auch auf Facebook: https://www.facebook.com/hkinterfaithclimatenetwork Das Ganze ist ein Teil von: http://peoplespilgrimage.org/index.html
Bereits kommenden Freitag kann ich am Nachmittag Will Newman persönlich besuchen. Er wohnt in Stanley, das ist auf der Südseite von Hongkong Island. Ich brauche wohl ca. eineinhalb Stunden bis dahin.

 

Sowohl Morgen- wie auch Mittagessen habe ich zusammen mit Christian Meyer eingenommen. Er forscht über die frühe Religionsgeschichte Anfangs des letzten Jahrhunderts, wenn ich das recht verstanden habe.

 

Gerade eben habe ich mit Oi-Sze von der Tsung Tsin Mission telefoniert. Sie hat für den morgigen Tag ein ganzes Programm für mich zusammengestellt.

 

Doch nun treffe ich noch mich mit Catherine Wong von der katholischen Kirche, die ich am Filmvestival in Locarno kennengelernt habe. Sie war in der ökumenischen Jury. Wir treffen uns in einer Shopping Mall: Fetival Walk heisst die.

Samstag, 19. September 2015, Hongkong

Gestern habe ich mich mit Sarah zum Mittagessen und zum Kaffee im Sha Tin Plaza verabredet. Wir haben uns zum Thema interreligiöser Dialog unterhalten. Für sie als anstrengend gläubige Christin sind das neue Gedanken. Am Nachmittag treffe ich mich mit Wing-sze, der Leiterin der Dialog Division von Tao Fong Shan. Ich bekomme einen Grüntee und ein gutes Gespräch. Sie vermittelt mir noch weitere Kontakte, zum Beispiel mit Will Newman, der Pfarrer an der St. Johns Kirche und in Stanley ist und interreligiösen Dialog pflegt. Ich werde versuchen, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Auch gibt es eine Facebook-Seite genannt: interreligious Sofa.

 

Leider habe ich eine interreligiöse Konsultation, die hier vor zwei Wochen stattgefunden hat, verpasst. Na ja, alles geht halt nicht. Nächste Woche ist sie anlässlich des Jubiläums von Mission 21 für einige Tage in Basel, kommt aber wieder. Vor einigen Jahren war sie für längere Zeit in Basel. Damals hat sie beim ehemaligen Archivar von Mission 21 Paul Jenkins gewohnt. Paul ist auch Mitglied beim IRF. Die Welt ist klein. Wing-Sze erzählt mir von ihrer persönlichen Geschichte und ihrem Aufwachsen in der chinesischen Religion. Für viele Menschen hier ist Religion etwas ganz Alltägliches und Praktisches. Es wird oft nicht viel überlegt, sondern einfach der Familientradition entsprechend gehandelt, die Rituale vollzogen.

 

Am Abend besuche ich Bettina und Alex Blank Spycher. Sie wohnen im 68. Stock des Moon-Tower in Koowlon Central. A propo small world. Auf dem Weg zu Bettina treffe ich in der Metro auf einen der Wellfare-Officer des Gefängnisses. Er fragt mich, wohin ich fahre. Ich finde diese Begegnung eigentlich bei den 100'000enden, die gerade Metro fahren unwahrscheinlich und deshalb etwas unheimlich.

 

Alex treffe ich nur kurz vor dem Lift an. Leider muss er kurzfristig noch weg. Dafür lerne ich die zwei Töchter von Bettina und Alex kennen. Der Blick vom kleinen Balkon ist grandios. vgl. Fotos. Zum Glück bin ich schwindelfrei. Die Kinder werden von einer philipinischen Nanny ins Bett gebracht. Bettina und ich gehen in ein Restaurant namens Dintaifung. Wir bekommen eine Nummer und werden nach geraumer Zeit an einen runden grossen Tisch platziert. Wir essen excellente verschiedene Dumplings, Gemüse mit Tofu und scharfe Gurken.

 

Nach dem Essen versuchen wir unser Glück in einer Bar im 21. Stock an der Nathan Street. Dort könnte man draussen sitzen. Doch Pech gehabt, alles ist voll. Es ist Freitag-Abend. So ziehen wir weiter in eine andere Bar. Dort werden auch Shishas geraucht. Ein starker Ventillator vertreibt die Rauchschwaden. Es läuft Techno-Musik. Kurz vor 12 verabschieden wir uns, und ich fahre zurück nach Sha Tin.

 

Heute lerne ich beim Frühstück Christian Meyer kennen. Er ist deutscher Religionswissenschaftler und Sinologe. Er bleibt einen Monat lang hier und forscht. Es habe hier eine ausgezeichnete Bibliothek. Eigentlich hatte ich vor noch ins Aikido um elf zu gehen, doch bin ich zu müde und schlafe nochmals eine Runde. Am frühen Nachmittag besuche ich das buddhistisches Frauenkloster Chi Lin. Eine schön gepflegte Anlage mit architektonisch ansprechenden Gebäuden. Es gibt auch einen schmucken Park mit Teichen und Koï Fischen. Im vegetarischen Restaurant esse ich ausgezeichnet Zumittag. Dann besuche ich noch den Taoistischen Tempel Sik Sik Yuen Wong Tai Sin. Hier ist viel los. Gläubig knien, beten und zünden Räucherstäbchen vor den Götterbildern an.

 

Dann fahre ich wieder zurück nach Sha Tin, kaufe noch Sushi zum Abendessen und trinke einen doppelten Espresso.

 

 

Freitag, 18. September 2015, Hongkong

Der Ausflug vom Mittwoch war spannend. Mit der Metro fahre ich bis Central, das liegt auf Hongkong Island. Wenn man aus der Metrostation kommt ist man umgeben von Wolkenkrazern. Ich gehe in den Turm der HSBS. Der Innenhof mit all den Rolltreppen ist eindrücklich. Ich fahre etwas hinauf und wieder hinunter. Leider kann man nicht mehr auf die Aussichtsterrasse der China-Bank. So mache ich mich auf die Suche nach der Talstation der Standseilbahn auf den Victoria Peak. Die wird auch bald gefunden. Die Standseilbahn ist wirklich steil und sicher noch aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts. Ich hänge buchstäblich auf der Holzbank. Wenn nur das Seil nicht reisst! Die Bergstation ist ein futuristisches Einkaufszentrum. Oben gehe ich etwas herum finde schöne Aussichten, gehe dann noch den Berg hinauf bis fast ganz nach oben. Ganz oben ist für Antennenanlagen gesperrt. Im Victoria Park sind vor allem Hochzeitspärchen für das Fotoshooting. In einem Restaurant bestelle ich Rindfleischbällchen. Die sind gedünstet, zwar fein, doch reicht es nicht aus. Dafür bekomme ich gratis Tee. So kaufe ich noch ein Sandwich dazu.

 

Dann fahre ich wieder hinunter. In der Nähe gibt es einen sogenannten "Zoo" und botanischen Garten. Ein kleines Gewächshaus zeigt seine Orchideen. Sonst ist da nicht viel. Im Zoo gibt es eingesperrte Tiere, Flamingos, andere Vögel, eine grosse Schildkröte und verschiedene Affen in klaustrophobischen Käfigen. Interessanter ist der Platz mit dem Springbrunnen. Hier halten sich einige Nannies aus Indonesien und den Philippinen mit ihren kleinen Schützlingen auf.

 

Dann nehme ich die Metro bis Mong Kok, und mache mich zum Dojo auf den Weg. Unterwegs trinke ich in einem Mc-Café noch einen Cappuccino und esse ein Muffin. Im Training hat es heute auch einen jungen Franzosen. Er beginnt das Training, dann übernimmt Mathew, dann werde ich gebeten noch einige Techniken zu zeigen. Der Abend klingt mit Matthew bei einem Bier mit Fish und Chips in einer Bar aus. Matthew ist Broker einer reichen Familie. Er ist verheiratet, hat schon ein Kind, Zwillinge sind auf dem Weg und werden im November erwartet. Ich finde den nächtlichen Weg durch das Gewirr der Strassen zurück zur Metro, Sha Tin und den Berg hinauf nach Tao Fong Shan.

 

Gestern war ein Tag im Gefängnis von Shek Pik. Wie gehabt fahre ich früh am Morgen nach Tung Chung. Dort kehre ich im Starbucks für das Frühstück ein. Ich treffe mich mit John Lo und fahren gemeinsam mit einer anderen Gruppe von Freiwilligen ins Gefängnis. Heute sind Kategorie B Gefangene dran, d.h. Leute die weniger als 12 Jahre sitzen. Am Morgen hat es zwei englischsprachige Gefangene, ein Inder aus dem Nordosten und ein Tansanier. Der Inder kommt nach drei Jahren im kommenden Frühling frei. Er habe als Barkeeper gearbeitet. Seine Familie sei in Hongkong. Er habe guten Kontakt zu ihnen. Es sei nicht immer einfach im Gefängnis, da es verschiedene Gruppen gäbe und die fremden Gefangenen Nachteile hätten. Später höre ich von Triaden, die auch im Gefängnis aktiv sind.

 

Nach dem feinen Mittagessen stossen zwei englischsprachige Freiwillige dazu. Einer aus Malaysia und ein Veterinär aus Südafrika. Die Gruppe am Nachmittag hat mehrere englischsprachige Gefangene, vor allem aus Afrika (Nigeria und andere Länder) und einen Nepalesen. Dieses Mal wird in der Gruppe diskutiert. Es geht um theologische Fragen zur gehaltenen Predigt. Tobias Brandner war heute den ganzen Tag auch im Gefängnis, hat aber Einzelbesuche in Zellen und Werkstätten gemacht.

 

Ich fahre mit Bus und Metro zurück nach Hongkong und weiter bis zur chinesischen Universität. Hier gibt es eine theologische Fakultät, an der Tobias Brandner unterrichtet. Immer am Donnerstag treffen sich alle zum gemeinsamen Abendessen und Fakultätsgottesdienst. Ich bin eingeladen, ebenfalls teilzunehmen. Zum Glück gibt es eine Übersetzung. Nach dem Gottesdienst gibt es noch zahllose Informationen. Ich verabschiede mich und gehe zurück zum Tao Fong Shan.

 

Heute werde ich mit Sarah Mittagessen, um 15 Uhr Wing-sze von der Dialog-Division vom Tao Fong Shan treffen und am Abend Bettina und Alex Blank Spycher besuchen. (Bettina ist die Tochter von Werner Spycher, meinem früheren Diakon aus der Jugendzeit in Goldach)

 

Mittwoch, 16. September 2015, Hongkong

Auf dem Weg vom Tao Fong Shan hinunter zur Metro Station habe ich Sarah geetroffen. Sie war gerade dabei Affen zu beobachten. Wir kamen etwas ins Gespräch. Sie ist aus Grossbritanien und macht eine Auszeit. Sie wohnt im Ascension House, das ist in der Nachbarschaft. Miteinander gehen wir im Shatin Plaza einen Kaffee trinken. Sie zeigt mir noch einen günstigen Supermarkt und kleine Fastfood-Restaurants. Dann machen wir uns wieder getrennt auf den Weg. Sie geht zu einem Markt. Ich mache mich auf die Suche nach dem 10'000 Buddha-Tempel. Neben einem riesigen Komplex mit Möbelgeschäften, darunter auch IKEA, hinter einem Verwaltungsgebäude gehe ich durch einen geschmückten Eingang. Das ist aber nicht der 10'000 Buddha-Tempel, sondern ein riesiger Friedhof. Er liegt an einem Hang. Es gibt eine Kaskade von Rolltreppen, die auf verschiedene Stufen des Friedhofs führen, weiter geht es auf einem Gewirr von Treppen. Grosse Hallen bergen tausende von Urnennischen. Jede Halle und jede Nische ist mit einer Nummer gekennzeichnet. Auf vielen Nischen gibt Fotos der Verstorbenen. Es gibt einige Pagoden und Buddhastatuen. Ich gehe bis ganz hinauf. Hier sind noch viele Nischen unbesetzt. Wenige Besucher zünden in den Hallen Räucherstäbchen an und verneigen sich. Angestellte sind dabei, alles schön sauber zu halten.

 

Dann finde ich meinen Weg durch das Labyrinth von Treppen wieder hinunter und hinaus. Irgendwie ein unheimlicher Ort. Einige freundliche alte Männer weisen mir den Weg hinter dem Verwaltungsgebäude hindurch zum Eingang der Treppen zum 10'000 Buddha-Tempel. Ich beginne meinen Aufstieg. Links und rechts des Weges sind goldene Buddhastatuen, jede individuell mit eigenem Gesicht und Gesten und Gegenständen, die sie halten. Auf einer Terasse ist der grosse Tempel. Innen sind bis unter die Decke die 10'000 kleinen Buddhafigürchen mit je einem Lämpchen davor. Es läuft leise buddhistische Meditationsmusik. An einem Devotionalien-Kiosk kaufe ich ein kleines Elefäntchen für meine Sammlung. Dann steige ich noch ein Stück hinauf. Oben sind noch einige kleine Tempel mit Buddhas. Es gibt auch einen kleinen Wasserfall. Alles schön hübsch. Die Aussicht ist phänomenal. Wenige Touristen sind da. Zum Beispiel ein indisches Ehepaar aus Grossbritanien, die hier Ferien machen. Sie sagen, dass sie sich hier als Hindus sehr wohl fühlen. Wenige Gläubige knien vor den Statuen. Ein Angestellter räumt abgebrannte Räucherstäbchen ab.

 

Ich gehe wieder zurück zur grossen Mall, wo ich im Supermarkt Getränke einkaufe und dann in einem dieser Restaurants etwas esse: Fisch an Erdnussauce, Salzkartoffeln, Reis und ganz wenig Gemüse dazu LemonIceTea. Dann steige ich wieder zum Tao Fong Shan hinauf.

 

Mittlerweile konnte ich auch schon einige Kontakte knüpfen und Termine vereinbaren. Alles klingt sehr verheissungsvoll. Heute werde ich noch mal einen Ausflug machen: Geplant ist Hongkong-Island und Victoria Peak. Später Aikido. Morgen bin ich dann wieder im Gefängnis und am Abend an einem Studentengottesdienst an der Universität.

Dienstag, 15. September 2015, Hongkong

Ich bin immer noch müde vom gestrigen Tag. Doch davon später. Am Sonntag-Morgen früh habe ich mich auf den Weg gemacht und mit mit drei verschiedenen Metros auf die Insel Lantau gefahren. An der Endstation trafen sich an diesem Sonntag-Morgen viele Gruppen von Sonntagsausflüglern, zum Teil in aufwändiger funktionaler Sportbekleidung und Trinkflaschen mit Schläuchen bis zum Mund. Hier gibt es auch eine Gondelbahn auf einen Berg. Da ich genug früh war gönne ich mir einen teuren Kaffee mit Gipfeli in einem Starbucks. Dafür gibt es eine halbe Stunde Internet.

 

Dann treffe ich mich mit Tobias Brandner, Mitarbeiter von Mission 21 und einer Gruppe von Freiwilligen. Zusammen fahren wir mit dem Bus bis zum Gefängnis Shek Pik. Wunderschön gelegen, doch mit hohen Mauern und Zäunen umgeben. Die Gruppe ist Teil der Hong Kong Christian Kun Sun Association  http://www.ksa.org.hk Sie helfen Gefangenen, reahbilitierten Personen und ihren Familien ein neues Leben aufzubauen auf Grundlage des Evangeliums. Shek Pik ist ein Hochsicherheitsgefängnis für Rund 450 Gefangene, die meisten Langzeitgefangene d.h. über 10 Jahre, also Drogenhändler oder Mörder. Alle unsere persönlichen Sachen lassen wir in einem Schliessfach. Ich bekomme eine Besuchernummer. Durch die Sicherheitskontrolle und mindestens fünf verschlossene Türen gelangen wir ins Innere des Gefängnisses. Von einem Gang aus sehe ich durch ein Gitter Gefangene in kakifarbenen Hemden und kurzen Hosen, wie sie in Gruppen Fernseh schauen oder miteinander Carrom spielen. Wir gehen in den gegenüberliegenden Raum, der als religiöser Raum bezeichnet ist. Es gibt einen Kasten mit Schriften, einen erhöhten Tisch auf einer Seite und Plastikstühle, ein Harmonium und Gitarren.

 

Die ganze Zeit werden wir von einem Social-Officer begeleitet. Dieser nimmt auch im Andachtsraum einen erhöhten Beobachtungsplatz ein. Immerhin trägt er keine Uniform und hält sich sehr im Hintergrund.

 

Am Morgen kommt nur eine relativ kleine Gruppe von Gefangenen, etwa 10. Am Nachmittag sind es dann mehr, sicher über 25. Wir feiern Abendmahlsgottesdienst. Der Ablauf ist beide Male gleich.Erst werden Lieder geübt, die einige Gefangene auf der Gitarre begleiten. Dann gibt es Gebete und eine Predigt von Tobias zum Thema "Bereuen". Dann eine kleine Abendmahlsfeier. Dann ist der Gottesdienst fertig und alle Freiwilligen verteilen sich im Raum und die Gefangenen kommen zu den einzelnen zum Gespäch. Es wird recht laut im Raum, was aber niemanden zu stören scheint. Ich habe am Morgen ein Gespräch mit Solomon, einem Nigerianer und einem Argentinier. Beide können kein Chinesisch. Für sie ist es hier im Gefängnis besonders schwierig. Am Nachmittag spreche ich mit einem Chinesen, der aber relativ gut Englisch spricht. Über Mittag werden wir aus dem Gefängnis entlassen und essen reichhaltig und ausgezeichnet zusammen in der Kantine der Mitarbeiter des Gefängnisses. Die verschiedenen Speisen kommen in die Mitte des Tisches auf eine drehbare Scheibe. Dann nimmt jede und jeder, was ihm schmeckt in seine Reisschale. Die Rechnung wird am Ende geteilt.

 

Am kommenden Donnerstag werde ich zusammen mit einem Mitarbeiter der Kun Sun Association einen weiteren Besuch im Gefängnis machen.

 

Am Abend fahre ich wieder zurück nach Sha Tin. Im riesigen Einkaufszentrum finde ich einen Laden mit Produkten aus aller Welt. Ich kaufe mir Getreidestängel und Kokosnusswasser und einen Fertigsalat mit Poulet. Dann steige ich zum Tao Fong Shan hinauf.

 

Jetzt bin ich nicht mehr allein im Haus. Im Zimmer gegenüber hat sich jemand einquartiert. Es ist Margreth aus den USA, die hier einen Kurs über Spiritualität gibt.

 

Am Montag frühstücken wir zusammen. Nach dem Mittag mache ich mich auf in die Stadt. Ich habe vor, eine kleine Stadtwanderung zu machen. Auf dem Weg zur Metrostation begegne ich im Walt einer etwa 2 Meter grossen schwarzen Schlange. Sie hat aber Angst vor mir und verschwindet im Gebüsch. Ich fahre mit der Metro ganz an die Südspitze von Kwloon. Dort gibt es dem Wasser entlang eine Promenade mit Ausblick auf die Skyline von Hongkong Island. Ich begegne auch Bruce Lee, der hier eine Legende ist. Dann gehe ich gemütlich die lange Nathan-Road hinauf, die verschiedene Viertel miteinander verbindet. Auffallend sind die vielen teuren Uhren- und Schmuckläden, Rolex und Co. In einem Park im Schatten lese ich etwas im Reiseführer. Dann gehe ich weiter und finde ein Restaurant. Die Speisekarte hat Bilder. So esse ich einen Teller mit Nudeln, Gemüse und Garnelen, dazu einen Eistee. Obwohl schon Mitten am Nachmittag sind hier viele zum Essen da. Die Nebenstrassen sind ebenfalls eindrücklich. Da gibt es zum Beispiel Metallwerkstätten und billigere Restaurants. Einmal komme ich in ein Gebäude in dem es im Parterre einen Fischmarkt hat. Die meisten Tiere leben noch. In einer anderen Abteilung gibt es frisches Fleisch, Hühnerfüsse etc. Ich will gar nicht wissen, was alles auch noch.

 

Kurz vor sieben Uhr finde ich in der Larch Street das Aikido-Dojo, in dem ich mich schon angemeldet habe. Der Trainigsraum ist eher klein und länglich. Zum Umziehen zur Trennung von Männern und Frauen werden im Raum Vorhänge gezogen. Ich erlebe mit wenigen Leuten ein feines, aber dennoch anstrengendes Training. Ich bin herzlich willkommen, und ich werde sicher bald wieder kommen. Ein junger Aikidoka begleitet mich zum Schluss bis zur nächsten Metrostation. Er ist Broker am Stockmarket. Mit der chinesischen Politik ist er gar nicht einverstanden. Ich fahre wieder nach Sha Tin zurück und steige zum Tao Fong Shan hinauf. Siehe auch: http://www.aikidojuntenkai.com/blog.html

 

 

 

Samstag, 12. September 2015, Hongkong

Der Aufenthalt in Chennai und damit Indien ging schnell vorbei. Dienstag bis Donnerstag galt es Abschied zu nehmen und zu packen. Sowohl am Dienstag als auch am Donnerstag sind wir noch einmal ins Projekt nach Perungudi gefahren. Am Dienstag haben wir vier neue Studentinnen des Stella Maris College for Social Work kennengelernt. Die vier werden bis März zwei bis drei Tage pro Woche im LEED ein Praktikum machen und dabei eigene Projekte planen und durchführen, als auch beim ordentlichen Programm mitwirken.

 

In der Stadt sind überall, und ich meine wirklich überall, d.h. an jedem Pfeiler einer Autobahn, an jeder Strassenecke Plakate der Chiefministerin Jayalalitha aufgehängt, darauf immer prominent ihr Antlitz. Die Plakate werben für ein Investorsmeeting das im Moment während zwei Tagen stattfindet. Das Meeting wurde mehrere Male verschoben, da Jayalalitha über eine gewisse Zeit wegen Korruption im Gefängnis war. Die Strassen, welche die Delegierten in der Nähe des Flughafens benützen werden, sowie die Strasse, die zum Wohnsitz von Jayalalitha führen wurden herausgeputzt, die Randsteine neu gestrichen und alle 10 Meter ein Fähnchen der Regierungspartei aufgestellt. Wenn Jayalalita sich in der Stadt bewegt, werden die Strassen für Sie gesperrt. Alle 20 Meter stehen dann auf beiden Strassenseiten PolizistInnen. Jayalalitha nennt sich selber Amma, d.h. Mutter. Alles wird nach ihr benannt. So gibt es Amma-Wasser, das ist günstiges Mineralwasser, oder Amma-Busse, Amma-Canteen (günstiges Essen), Amma-Velos, Amma-Kochherde, Amma-Fernseher, Amma-Kühlschänke und Amma-Laptops.

 

Der Freitag war ein Reisetag. Schon am Donnerstag gegen 21 Uhr fuhren wir zum Flughafen. Die Formalitäten werden mit drei Stunden veranschlagt. Es gab auch eine kurze Verzögerung, da ein stehengelassener Aktenkoffer aufgebrochen werden musste. Dazu wurde ein Teil des Checkins abgesperrt. Ein gepanzerter Polizist hat dann mit Hammer und Stechbeutel den Koffer geöffnet. Es waren nur Kleider drin. Ich konnte alles aus etwa 20 Metern beobachten. Mit Tigerair, einer Billigfluglinie ging es dann weiter nach Singapore. Hier hatte ich in einem herausgeputzten Flughafen, der den vollen Service bietet, rund fünf Stunden Aufenthalt. Für umgerechnet 20 Franken leistete ich mir eine Hünersuppe und ein Tiger-Bier. Die übriggebliebenen 4 Singapur-Dollar investierte ich in einen Grüntee auf dem Weiterflug nach Hongkong.

 

In Hongkong angekommen galt es sofort einiges zu erledigen. An einem Bankomaten bezog ich Hongkong-Dollars. An der Metrostation kaufte ich eine Octopuskarte, mit der man den öffentlichen Verkehr benützen kann. In einem 7/11 (so etwas wie Kiosk) besorgte ich mir eine lokale Simkarte. Zur Zeitverschiebung von Indien gegenüber der Schweiz sind nun noch einmal zweieinhalb Stunden hinzugekommen, d.h. es sind nun 6 Stunden. Die Busstation liess sich leicht finden. Hier stehen alle gerne Schlange. Mit einem Doppeldeckerbus fuhr ich dann vom Flughafen etwa 45 Minuten nach Shantin. Der Taxstand in Shantin war dann schon schwieriger zu finden. Vom Busbahnhof bin ich eine Rolltreppe hochgefahren und befand mich in einem riesigen belebten Einkaufszentrum. Ich ging etwas herum, dann andere Rolltreppen wieder herunter bis ich einen Wegweiser zum Taxistand gefunden habe. In Honkkong muss man sich nicht nur horizontal, sondern auch vertikal orientieren können, habe ich gelernt.

 

Dem Taxifahrer habe ich den Zettel mit der Adresse und Wegbeschreibung vom Tao Fong Shan Christian Center in Kantonesischer Schrift unter die Nase gehalten. Er konnte kein Englisch. Er hat sich die Brille aufgesetzt, damit er den Zettel lesen konnte, hat dann etwas gemurmelt und ist losgefahren. Es ging rasant in vielen Kurven den Berg hinauf. Dann hat er mich vor einem Tor ausgeladen. Es war schon ziemlich dunkel. Ob ich wohl am richtigen Ort bin? Na ja, so habe ich den Koffer hinter mir her schleppend mich auf den Weg durch die Einfahrt gemacht. Ich kam zu einem Parkplatz mit Gebäuden dahinter. Am Eingang hat mich Herr Pradip Wong schon erwartet. (Sicher hat er mich auf einer Kamera gesehen) Da ich spät dran war, waren alle Büros geschlossen und Herr Pradip hat mich zu meinem Zimmer in einem Haus im Wald einige Treppen unterhalb des Tao Fong Shan begleitet. Das Zimmer ist eine kleine Zelle mit Air Condition. Im Haus gibt es eine Stube, Küche, WCs und Duschen. Heute bin ich der einzige Gast. Das war schon ein wenig unheimlich, plötzlich allein an einem fremden Ort. Zum Glück habe ich auf dem Schlüsselanhänger das Passwort für das Internet gefunden.

 

Die Aussicht aus dem Zimmer ist unvergleichlich. Ich sehe grüne Hügel und davor zahllose Wolkenkratzer. Am Morgen dann pünktlich um 8 bin ich ins Center hochgegangen. Vor dem Center haben einige ältere Menschen unter Anleitung Tai Chi geübt. Ich habe dann einen grossen Raum mit Tischen und Stühlen gefunden. Niemand war da, und ich habe auch niemanden gehört. Aber auf einem Tisch gab es ein Schild mit meinem Namen und der Bitte das Geschirr nach dem Essen doch bitte abzuräumen und ein Gedeck. Auf einem anderen Tisch waren Frühstücksutensilien bereitgestellt: Zwei Scheiben Käse im Plastik, vier gekochte Eier, verschiedene Müesli, kalte Milch und Soyamilch, zwei aufgeschnittene Orangen, Tostbrot, daneben ein Toster. Verschiedene Pulver daneben heisses Wasser. Auf einem anderen Tisch war noch ein Schild in kantonesischer Sprache und ein Gedeck. So habe ich dann nur die Hälfte des Angebotenen zum Frühstück genommen. Etwas später kam dann noch eine Frau. Sie hat sich dann die andere Hälfte geschnappt und hat sich damit in eine Ecke des Saals verdrückt. Gesprochen haben wir nicht miteinander. Wie geheissen, habe ich also das Gedeck abgeräumt und bin wieder in mein Zimmer zurückgegangen.

 

Etwas später ging ich dann nochmals hinauf. Jetzt habe ich in einem Büro zwei Menschen angetroffen. Dort konnte ich erfahren, wann es Mittagessen und Abendessen gibt und wann Dr. Tong, die Leiterin der Bridge und Dialog Division (Brücke und Dialogabteilung) wohl wieder da sein wird, nämlich am Montag.

 

Dann habe ich mich zu Fuss den Berg hinunter gewagt und bin in das grosse Einkaufszentrum gegangen. Dafür hat man normalerweise etwa 20 Minuten, doch habe ich mich etwas verlaufen, deshalb ging es länger. Im Einkaufszentrum habe ich in einem 7/11 etwas zu trinken gekauft und bin etwas herumgeirrt. Die meisten Läden öffnen normalerweise erst so gegen 11 Uhr. So war vieles noch geschlossen. Ein französisches Frühstücksrestaurant aber schien schon übervoll mit Leuten. In einem Telefonladen habe ich dann noch eine Powerbank für mein Händy und ein Billig-Telefon für den lokalen Gebrauch eingekauft. Der Verkäufer war sehr freundlich und hat mir die schon gestern gekaufte Simkarte gleich eingesetzt. So bin ich nun auch lokal gut erreichbar.

 

Den Weg vom Einkaufszentrum zurück ins Haus habe ich problemlos gefunden, nur war ich total verschwitzt. Im Haus waren zwei Frauen mit Putzen beschäftigt. In der Zwischenzeit haben sie auch mein Zimmer gereinigt, obwohl es sauber war. Zum Mittagessen hatte es mehr Leute. Da war zum Beispiel eine Frauengruppe, die wohl hier das Wochenende verbringt. Doch ich war wieder alleine gesetzt und habe so meine Suppe und meinen Teller mit Gemüse, und Poulet mit Reis gegessen.

 

Nach dem Essen hat mich Tobias Brandner auf dem lokalen Händy erreicht. Wir haben nochmals für morgen abgemacht.

 

Den Nachmittag habe ich verschlafen und jetzt meinen Blog geschrieben.

 

 

Montag, 7. September 2015, Mumbai/Chennai

Die letzten Tage waren ein wenig hektisch. Mumbai ist eine verrückte Stadt. Die Tage werden ausgebucht und enden spät. Die Restaurants und Bars haben lange geöffnet.


Am Freitag Abend waren wir zuerst in einer Bar Namens Stock Exchange. Dort werden die Preise kurzfristig nach Angebot und Nachfrage festgelegt. Es war laut und voll. Da wir keinen Sitzplatz bekamen, sind wir dann nach einer Stunde und nach etwa zwei Bier wieder gegangen. Bei Parvish gab es dann Whiskey oder Vodka. Anschliessend gingen wir noch einmal aus und hatten Kebabs und an einem anderen Ort Glacé. Die eine Tochter von Parvish Siddhi kam mit.

 

Am Samstag Morgen um neun haben uns Leute von Indialogue mit einem noblen Auto mit Chauffeuer bei Parvish abgeholt und in ein Café mitgenommen. Es waren Suat Canan und sein Assistent. Suat Canan und auch Indialogue haben ihren Ursprung in der Türkei. Sie gehören zur gleichen Bewegung wie in der Schweiz das Dialog-Institut. (http://www.dialog-institut.ch/) In Indien hat diese Organisation einige Büros in verschiedenen Städten und betreibt eine informative Webseite (http://indialogue.in/) Indialogue ist in Indien sehr gut aufgestellt und muss über ausreichend Geld verfügen. In Mumbai zum Beispiel haben sie kürzlich eine sehr hochdekorierte Veranstaltung zum Fastenbrechen der Muslime veranstaltet. Indialogue ist sehr an einer Zusammenarbeit interessiert und lädt uns ein bei einem nächsten Besuch in Mumbai eine interreligiöse Veranstaltung zu planen.

 

Nach unserem Treffen mit Indialogue fahren werden wir zurück zu Parvish gefahren. Mit ihm gehen wir anschliessend in sein College. Heute ist auch Teachers-Day. Das Bhavans-College hat etwa 7000 Studierende. Es gibt einige neue Gebäude und andere wurden umgebaut und renoviert. Wir machen eine kurze Aufwartung bei der Prinicipal, einer älteren netten Person, die aber kaum spricht und wie eine Königin hinter ihrem riesigen Pult im eisgekühlten Büro sitzt. In einem Schulzimmer gibt es Kuchen zum Teachers-Day. Es werden unzählige Selvies und Gruppenfotos gemacht.

 

Dann fahren wir zum Mittagessen zu Parvishs Schwiegereltern. Es gibt Mangomus und Puris und Kartoffelcurry. Weiter geht es Downtown mit der S-Bahn. Wir besuchen die Jehangir Art-Gallery. (http://www.jehangirartgallery.com/) Im Moment werden vier Künstler ausgestellt. Zwei von ihnen beschäftigen sich explizit mit religiösen Motiven.

 

Wir wollen auch das Museum für Modern-Art besuchen, doch schreckt der Eintrittspreis über INR 500 für Nicht-Inder im Gegensatz zu INR 20 für Inder. So lassen wir es bleiben. Dafür gehen wir zum Gateway of India, das ganz in der Nähe liegt. Unterwegs trinken wir Zuckerrohrsaft. (https://www.youtube.com/watch?v=DqXHjHfK51Q) Am Gateway sind tausende Touristen anzutreffen, ganze Familienclans, junge Ehepaare oder ganze Reisegruppen, selten ein westlicher Tourist. Wir sitzen lange beim Gateway, schauen den Leuten, den Booten und dem Meer zu. Dann spazieren wir zum Restaurant Appurva (https://www.zomato.com/mumbai/apoorva-fort): Bier und Fisch in verschiedenen Formen.

 

Wir fahren mit Taxi, S-Bahn, Metro und Riksha wieder zurück zu Parvish, gehen relativ früh schlafen, da wir morgen zeitig aufstehen müssen.

 

Am Sonntag ist ein Ausflug mit dem Nature Club des Bhavans College ins Karnala Bird Sanctuary geplant. Mit einem Bus und gut 50 Studierenden fahren wir schliesslich etwa zwei Stunden zur Stadt hinaus bis zum Eingang des Naturschutzparks. Das Frühstück essen wir im Bus und kurz vor dem Ziel trinken wir in einem Restaurant noch Tee. Das Kaufen der Eintrittstickets und Kamera-Tickets braucht etwas Nerven. Dann geht es in drei Gruppen in den Park. Alle paar Meter interessieren sich die Studierenden für irgendwelche Spinnen, Vögel, Pflanzen, Pilze etc. Die Affen, die hin und wieder auftauchen, sind eher nur für mich spannend. So kommen wir eigentlich nicht sehr weit. Dennoch ist es höchst spannend, zu sehen, was da alles kreucht und fleucht. Es entstehen unzählige Makroaufnahmen.

 

Zum Mittagessen fahren wir wieder kurz zum Restaurant zurück. Anschliessend gehen wir einem Bach entlang zu einem mikrigen Wasserfall, der dennoch alle Städter und auch mich hoch erfreut. Die Meisten behalten all ihre Kleider an, wie sie unter den Fall stehen. Später fahren wir wieder nach Mumbai zurück. Der Ausflug in die Natur hat unheimlich gut getan. Der Gegensatz zur Stadt mit dem Gestank und dem Lärm könnte nicht grösser sein.

 

Heute ist auch ein Hindu-Festival im Gang. Es geht um Krishna, der einen Topf voll Butter gestohlen haben soll. In Mumbai ist der Brauch, dass eine Gruppe von Leuten eine Menschenpyramide aufbaut und versucht einen hoch aufgehängten Topf zu zerschlagen. Gelingt dies, gehört das Geld im Topf der Gruppe. So sind auf Lastwagen unzählige Gruppen unterwegs. Und überall versammeln sich Menschen unter aufgehängten Töpfen. Ich lese später in der Zeitung, dass bis 9 Stöckige Menschenpyramiden aufgebaut wurden. Es gab dieses Jahr weniger Verletzte als früher.

 

Der Abend klingt bei Bier und Fisch zusammen mit den Organisatoren des Nature Club in einem lauten Pub aus. Auch hier werden Fotos und Geschichten ausgetauscht über Tiere, besonders über giftige Schlangen. Zwischendurch bekommen zwei vom Nature Club die Mitteilung, über eine Schlange, die in der Nähe in einer Wohnung sei. So gehen sie kurz hin und kommen dann mit einem Plastiksack, in der die Schlange ist zurück. Die Schlange sei nicht giftig und wird an einem geeigneten Ort wieder in die Freiheit entlassen.

 

Am späteren Abend gibt es bei Parvish noch eine bestellte so etwas wie Pizza. Sie ist belegt mit Würsten und Pouletstücken. Am liebsten isst Parvish das Ganze mit viel Senf. Na ja, das ist gewöhnungsbedürftig.

 

Der Montag ist Reisetag zurück nach Chennai. Mit einem Uber-Taxi geht es zum Flughafen, mit Jet-Airways nach Chennai, dann mit Ola-Taxi zurück in die Wohnung. Unterwegs und später in Chennai schreibe ich den Blogentag, der dieses Mal etwas länger geworden ist. Vishal, der Sohn von Elijah ist übers Wochenende aus der Privatschule in Kotagiri nach Madras gekommen. Alle zusammen gehen wir ins Hyat-Hotel, wo Shiney einen Essensgutschein im Chinesischen Restaurant einlöst. Wir essen wieder einmal fürstlich.

 

Nun habe ich hier in Chennai noch zwei Tage. Dann geht meine Reise in Hong Kong weiter.

 

Freitag, 4. September 2015, Mumbai

Seit gestern sind Elijah und ich in Mumbai. Wir waren sehr früh auf den Beinen, um den ersten Flug von Chennai nach Mumbai zu erwischen. So waren wir auch recht früh bei Parvish, meinem langjährigen Freund in Mumbai. Er wohnt seinen zwei Töchtern in seiner kleinen Wohnung in Andheri. Der Sohn ist in Puna am Studieren. Die Töchter studieren in Mumbai. Er selber ist mittlerweile Viceprincipal vom Bhavans College. Ich habe Parvish auf meiner ersten Indienreise 1986 kennengelernt, war später an seiner Hochzeit. Zwei Mal hat er schon die Schweiz besucht, letztes Mal diesen Frühling.


Wir bekommen ein zweites Frühstück und ruhen uns nachher etwas aus. Später gelingt es mir ein Treffen mit jemandem von der Religious Harmony Foundation für heute abzumachen. Die Telefonnummer der Indialogue Foundation läuft ins Leere. Die Email wurde auch nicht beantwortet. Wir sind mutig und machen uns dennoch auf den Weg an die angegebene Adresse. Es ist nämlich hier ganz in der Nähe. Mit einer Autorikshaw sind wir in 15 Minuten dort und finden auch das Haus. Der Watchman kennt dir Organisation nicht, doch zufällig kommt jemand daher, der Auskunft geben kann. Er sei ein Türke und kenne die verantwortliche Person. Diese sei für einen Monat in die Türkei zurück gereist. Ich hinterlasse meine Karte. Heute bekommen wir ein Telefon von einer anderen Person von der Indialogue Foundation. Wir wollen uns morgen hier in der Wohnung bei Parvish treffen.

 

Von der angegeben Adresse der Indialogue Foundation gehen wir zu Fuss zurück bis zu Parvish. Der Weg ist sehr anstrengend, aber nur so erleben wir Mumbai wirklich. Es ist heiss, dreckig, laut, stickig und stinkig. Nach einer guten halben Stunde Weg sind wir wieder zurück. Der Abend klingt mit einigen Kingfishern und frittiertem Fisch aus.


Nach dem Frühstück (Sagocurry und Süsses) fahren wir mit Autorhik und Zug etwa eine Stunde Weg nach Borivili. Die S-Bahn von Mumbai ist legendär. Da wir in der Gegenrichtung des Rushs fahren, geht es noch einigermassen mit der Belegung. In Borivili gelingt es aber nur mit Muskelkraft den Wagen zu verlassen, da Milionen von Leuten gleichzeitig einsteigen wollen. Nach einigem Suchen und einem Telefon finden wir die Adresse der Religious Harmony Foundation.

 

Wir werden vom Präsidenten herzlich Begrüsst. Es gibt ein kleines Büro mit Sofa und zwei Stühlen, einem PC-Arbeitsplatz als Teil einer Wohnung. Der Präsident Manish Tripathi ist sehr aktiv und enthusiastisch. Er wird, wenn es mit dem Visum klappt, ebenfalls nach Salt Lake City an die Konferenz kommen. Wir stellen uns gegenseitig vor und haben anschliessend ein sehr angeregtes lebendiges Gespäch. Er fragt mich zu meiner Meinung seiner Präsentation für Salt Lake City und ich gebe ihm einige Gedankenanstösse. Manish Tripathi ist sehr ambitioniert. Gerne würde er ein "Haus der Religionen" in Indien eröffnen, aber im grossen Stil. Er möchte mit seiner Arbeit einen grossen Einfluss auf das Zusammenleben der Menschen haben. Etwas später kommt noch der Vicepräsident Ishwar Happe hinzu. Leider spricht er kein Englisch. Deshalb bleibt er eher ruhig. Ishwar Happe ist aus Mumbai. Tripathi sei aus Varanasi, Hindu, aber liberal.

 

Wir bekommen einen Prospekt, auf dem, wie auf der Webseite, verschiedene Aktivitäten angegeben sind. Es gibt auch eine DVD zum Thema, leider bis jetzt nur auf Marathi. Tripathi wäre an einer Zusammenarbeit interessiert. Vielleicht ergibt sich dann in Salt Lake City etwas. Wir werden zufällig im selben Hotel wohnen.

 

Dann werden wir wieder in den Verkehr entlassen. Wir fahren zurück zur Borivili Station besteigen einen Zug nach Bandra, wo wir eine ehemalige Klassenkameradin besuchen wollen. Doch kurz vor Bandra erreicht uns die Nachricht, dass sie unerwartet an einer Sitzung teilnehmen muss. Da wir nun schon in Bandra sind, schauen wir uns etwas um. Es gibt hier lange Fussgängerüberführungen und Wege, die wir etwas auskundschaften und aus der Höhe schöne Fotosujets bieten. Zum Beispiel mache ich Fotos von Ohr-Reinigern, die am Strassenrand den Leuten die Ohren putzen!

 

Wir nehmen mit Parvish Kontakt auf, fahren dann zurück nach Andheri, nehmen eine Autorikh und holen ihn am Eingang des Colleges ab. Dann fahren wir alle zusammen zu einem späten Mittagessen in ein Bengalisches Fischrestaurant. Dann geht es wieder zurück in die Wohnung, wo wir uns von den Reisestrapazen erholen und ich Blog schreibe.

 

Montag, 31. August 2015, Chennai

Ich hatte ein sehr entspanntes Wochenende. Am Freitag war Onam. Onam ist ein Feiertag in Kerala, der aber auch hier in Madras von allen, die ursprünglich aus Kerala kommen, gefeiert wird. Es gehört dazu, dass man sich schön anzieht. Traditionell beige mit goldenen Borten. Die Männer Dotis, die Frauen Saris. Dazu gehört auch ein vegtarisches Festessen. Entweder wird zu hause gekocht oder man leistet sich ein Restaurant. Wir haben in einem Kerala-Restaurant auf eine bestimmte Zeit reserviert. Das Restaurant ist an diesem Tag sehr gefragt. Am Eingang des Restaurants sind speziell Stühle aufgestellt. Wer möchte, kann beim Warten im Fernseher einen Film anschauen. Da wir aber rechtzeitig sind, werden wir sofort in den ersten Stock an einen Tisch gebeten. Das Essen wird traditionell auf einem Bananenblatt serviert. Verschiedene Gemüse, Reis, verschiedene Saucen, Chillies, Frittiertes, Pickels, Kochbananen und süsse Bananen, zum Abschluss vier verschiedene Süssigkeiten. Alles ist sehr fein zubereitet und liegt überhaupt nicht auf.

 

Nach dem Essen fahren wir im Süden etwa zwei Stunden aus der Stadt hinaus. Wir lassen die Neubauten hinter uns, fahren auf der Autobahn an Mahabalipuram vorbei und finden das Resort von Vivek auf der rechten Seite. Wir werden in zwei geräumigen Zimmern einquartiert. Jedes Zimmer hat einen kleinen Balkon, von dem man direkt in den Swimmingpool steigen kann. Der Pool ist riesig. Er ist zwar nur etwa 120 tief, doch in einem Hufeisen angelgt, so dass alle Zimmer direkten Zugang zum Wasser haben. Das Wasser scheint sauber, ist aber sicher 28 Grad warm. Die Aircondition im Zimmer tönt wie ein Traktor, ist aber sehr effektiv. Der Fernseher ist zwar klein, doch lässt sich mein PC anschliessen. So können wir zur Entspannung einige meiner Filme sehen. Aus Madras haben wir auch eine Kiste Bier mitgebracht. Die Flaschen lassen wir im Hotelkühlschrank kühlen.

 

Das Bier haben wir am Vortag in Madras in einem staatlichen Alkoholshop gekauft. Dort gab es vor allem billigen Whiskey und anderen Fusel. Einige importierte Alkoholika werden zu horrenden Preisen verkauft, z.B. italienischen Rotwein für ca. 80 Franken die Flasche. Wir kaufen das bekannte indische Kingfischer-Bier.

 

Das vegetarische Essen im Resort ist ausgezeichnet. Am Samstag zum Mittagessen fahren wir die kurze Strecke zurück nach Mahabalipuram. Dieser Ort ist sehr touristisch, am Meer gelegen und berühmt für seine prähistorischen Tempel. Hier sehe ich zum ersten Mal seit meiner Ankunft hier in Indien wieder Europäer. Alle scheinen mit ihren rosaroten Köpfen unter der Hitze zu leiden. Kinder versuchen Halsketten zu verkaufen. Es fallen mir auch zahlreiche Bettler auf. Touristen scheinen eben Bettler anzuziehen, oder ist es umgekehrt?


Shiney hat die Empfehlung für ein Fischrestaurant: "Moonrakers". Von diesem Restaurant gibt es aber scheinbar verschiedene Ausgaben, die versuchen, die Kunden gegenseitig abzuwerben. Wir haben eventuell das Originale erwischt. Im hinteren Teil des Restaurants wählen wir einen grossen Fisch aus, der für uns gegrillt wird. Dazu wird gebratener Reis serviert. Bald nach dem Essen fahren wir zurück ins Resort für den Mittagsschlaf im kühlen Zimmer.

 

Endlich habe ich auch einmal Zeit, etwas zu lesen. Ich habe die letzten zwei Ausgaben des Surprise dabei mit Kurzgeschichten.

 

Da wir den Besitzer des Resorts kennen brauchen wir am Sonntag nicht schon um 11 Uhr auszuchecken, wir bekommen auch noch ein Mittagessen spendiert und eine grosszügige Reduktion des Logierpreises. So fahren wir erst gegen Abend zurück nach Madras. Unterwegs wird auf einem lokalen Markt noch frischen Fisch (hoffentlich) eingekauft.

 

Heute fahren wir nach Perungudi ins LEED-Center, wo ich auch den Blog schreibe.

 

 

Dienstag, 25. August 2015, Chennai

Der Besuch beim IDCR (Institut of Dialogue with Cultures and Religions) ist äusserst aufschlussreich. Auf dem riesigen Gelände des Loyola Colleges ist das Institut in einem eigenen Gebäude untergebracht. Ich treffe Arun Fernandez. Er ist der Founder Director der Organisation Blink ( https://www.facebook.com/bthelink/timeline oder https://www.youtube.com/channel/UCu_FM1g-nfI_13Unl-Ryjpg ). Blink ist die interkulturelle, interreligiöse Jugendorganisation des IDCR. Etwa 40 junge Erwachsene treffen sich regelmässig zu verschiedenen Veranstaltungen. Es werden unter anderem verschiedene religiöse Stätten besucht, es gibt Vorträge und Fragerunden zu verschiedenen Religionen. An Schulen wird über die Qualität von Verschiedenheit unterrichtet. Das Ziel ist Unterschiede in Religion und/oder Kultur als positive Kraft zu erfahren, was den Frieden unter den Menschen fördert. Blink setzt sich auch für Gender-Gleichberechtigung ein. (Flashmob, siehe youtube) Von Fernandez bekomme ich auch den Tipp, einen Sufi-Tempel zu besuchen.

 

Arun Fernandez vereinbart für mich eine Gespräch für heute Dienstag mit Dr. Michael Amaladoss SJ. Amaladoss ist Direktor des IDCR, Autor mehrerer Bücher, Jesuitenpater und Professor. Ich habe ein sehr gutes angnehmes Gespräch mit dem freundlichen Mann. Er berichtet mir über die Geschichte des IDCR und die Arbeit des IDCR. Es gibt hier am Institut z.B. die Möglichkeit für Doktorate im interreligiösen Bereich. In letzter Zeit wurde über interreligiöse Heiraten geforscht. Im Februar soll dazu ein Buch erscheinen. Ein Schwerpunkt liegt auch auf der Erforschung vergangener aber immer noch nicht bewältigter religiöser Konflikte. Ziel ist die Überwindung der Konflikte durch Friedensarbeit. Auf der Webseite des IDCR sind einige Bücher online als pdf abrufbar. ( http://idcrdialogue.com/publications.php )

 

Amaladoss versucht mit dem IDCR vom Loyola-College unabhängig zu bleiben. Das IDCR ist verbunden mit der Madras-University, wo es eine Religions-Fakultät und gute Verbindungen gibt. Früher gab es mehrere Institutionen in Indien wie das IDCR. Doch leider wurden viele davon aufgelöst. Amaladoss befürchtet, dass das auch mit dem IDCR geschehen könnte, wenn er und sein Kollege dereinst einmal pensioniert seien. (PS: Ich denke, er hat das Pensionsalter schon überschritten.)

 

Nach unseremm Besuch im IDCR machen wir uns wieder auf den Weg durch den Autoverkehr zum City-Center, wo wir das Auto parkieren. Zu Fuss finden wir nach einem kleinen Irrweg und unter Zuhilfenahme von Google-Maps den Sufi-Tempel. In einem grossen Raum im ersten Stock eines von aussen als Privathaus scheinenden Hauses sind zahlreiche Götterstatuen und Bilder von religiösen Lehrern aus verschiedenen Traditionen aufgestellt. Darunter unter vielen auch Jesus und Maria. Die neunundneunzig Namen Allahs sind auf einer Tafel aufgemalt. Einige wenige Menschen sind zum individuellen Gebet anwesend. Von einer netten Dame werden wir etwas herumgeführt und für Erklärungen auf die Webseite verwiesen. ( http://www.sufidar.org oder https://www.youtube.com/user/suneetanathani/videos ) Zum Schluss bekommen wir von einem netten Herrn noch eine Tüte mit Prashad, geweihten Snacks für den Heimweg.

Montag, 24. August 2015, Chennai

Am Samstag Morgen bin ich zu hause und beantworte Mails und schreibe am Blog. Am Nachmittag erledigen wir einige Kommissionen und begleiten Sarah zum Tanzunterricht. Am Abend bin ich eingeladen ein AIKIDO-Training zu leiten. Etwa 20 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene nehmen daran teil. Normalerweise wird in diesem Dojo Karate trainiert. Doch sind die Karatekas offen und motiviert, auch einmal etwas anderes kennenzulernen. Das Training ist recht intensiv. Mein Dogi wiegt nach dem Training einige Kilos mehr. Am Schluss wollen alle mit mir noch Fotos machen. Für mich ungewohnt ist, dass mich alle mit "Sensei" ansprechen.


Am Sonntag schlafe ich etwas aus. Dann fahren wir im Süden aus der Stadt heraus und besuchen die Baustelle, wo die Familie von Elijah dereinst einmal eine Wohnung beziehen wird. Wir werden mit Helmen ausgerüstet und können die Wohnung im dritten Stock des Wohnkomplexes im Rohbau besichtigen. Es werden gerade Plättli in den Badezimmern montiert. Es dürfte wohl noch einige Zeit dauern, und einiges an Nerven kosten, bis die Wohnung fertig sein wird. Überall vor den Toren der Stadt entstehen riesige Wohnsilos. Es scheint, dass alle Menschen die Stadt verlassen wollen.


Dann besuchen wir noch Verwandte und machen einen Spaziergang dem Meer entlang. Der Sonntag-Abend ist dabei sehr gefragt. Tausende haben die gleiche Idee. Sarah geniesst die Fahrt auf einem Karussell. Zu Abend essen wir in einem Restaurant Chaats: Pani Puri und Dehi-Papad.


Am Montagmorgen bringen wir erst Sarah in die Schule (Montessori). Anschliessend fahren wir ins LEED-Center. Hier ist gerade die Schwangerschftsberatung im Gang. Es sind viele junge Frauen gekommen. Ich schreibe Mails und Blog. Es gelingt mir auch einen Termin beim "Institute of Dialogue with Cultures and Religions" IDCR ( http://idcrdialogue.com ) des Loyola Colleges von Madras für heute 17 Uhr zu vereinbaren, genauer mit jemandem der "Peace Rangers" ( http://idcrdialogue.com/peaceofart/aboutus.php ). Ich bin gespannt, was für Aktivitäten die Peace Rangers haben, und ob Kontakte zu Menschen aus anderen Religionen bestehen.

 

Samstag, 22. August 2015, Chennai

Gestern habe ich M.B. Nirmal besucht. Herr Nirmal ist ein pensionierter Banker und wohnt im 12. Stockwerk eines Hochhauskomplexes in der Nähe des grossen Busbahnhofs. Er hat seine Wohnung, die aus mehreren Zimmern und Balkonen besteht in ein "Haus der Religionen" umgewandelt. Jedes Zimmer ist einer anderen Religion gewidmet und entsprechend eingerichtet. Schon über der Eingangstüre finden wir Symbole von Hauptreligionen. Das Zimmer für die jüdische Synagoge ist noch unter Konstruktion und die Schwiegermutter ist im Moment dort einquartiert. Auch die Verbindungsgänge sind mit religiösen Symbolen und Schriften bestückt. Üerall an den Fenstern und auf den Balkonen gibt es einen Dschungel von Pflanzen. Herr Nirmal ist auch Gründer von Exnora, einer Umweltorganisation ( http://www.exnora.org ). Seine Wohnung wird zum Beispiel von Schulklassen besucht. Die einzelnen Räume werden auch für Gebete verwendet oder können gemietet werden.


Ich habe ein nettes Gespräch mit Herrn Nirmal, obwohl sein Englisch relativ schwer verständlich ist. Herr Nirmal sorgt sich sehr um den Frieden zwischen den verschiedenen Religionen. Er ist zum Beispiel sehr besorgt über die Gewalt, die von einer bestimmten Richtung des Buddhismus ausgeht und sich zum Beispiel gegen Muslime in Burma richtet. Ebenso verurteilt er die Gewalt gegen Christen in Indien, oder die Zerstörung der Babri Moschee durch Hindu-Fanatiker. Er sagt, dass Kinder da einen ungezwungeneren Umgang mit der Verschiedenheit hätten. So sei zum Beispiel in einer besuchenden Schulklasse nur ein muslimischer Junge dabei gewesen. Als alle Kinder je in den Raum ihrer Religion zum Gebet gegangen seien, wären zwei hinduistische Mädchen zusammen mit dem Jungen in den islamischen Gebetsraum gegangen, damit er nicht alleine sei.


Dass sich Menschen von verschiedenen Religionen verstehen sollten, leitet Nirmal aus dem gemeinsamen Menschsein ab. So sagen wir zur Mutter alle: "Ma". Sogar Tiere, zum Beispiel die Kuh sage "Ma." Nirmal hält Vorträge zu verschiedenen Themen und engagiert sich immer wieder für neue Themen. So sei er im Moment in der Alkoholprävention aktiv.

 

Später besuchen wir Vivek Dwivedi, Industrieller, Rotarier und grosszügiger Spender von LEED. Wir trinken Tee und sprechen über dies und das, planen auch ein Wochenende in seinem Resort auf dem Weg nach Mahabalipuram. Bevor wir gehen, werden wir noch in einen Raum geführt, der als Lager für relgiöse hinduistische Bücher in verschiedenen Sprachen des Verlags Gitta Press, Gorakhpur gebraucht wird. Ich darf mir drei Bücher aussuchen. Ich entscheide nach den Titelbildern: "Art of Living", "Gems of Truth" und "Sure Steps to God Realisation".

 

Am Abend sind wir zu einem Kindergeburtstag eingeladen. Es ist der erste Geburtstag einer Tochter einer Arbeistskollegin von Shiney. Dieser Geburtstag wird im grossen Stil gefeiert. In einem Restaurant wurden zwei Stockwerke dazu reserviert. Wir treten durch ein Tor von Ballonen in den Saal ein. Sogleich bekommen wir einen Melonensaft als Willkommensdrink. Eine Zaubershow ist bereits im Gange, da wir zu spät gekommen sind. Dann wird Tomatensuppe gereicht. Es läuft viel zu laute Musik. Der Zauberer hat Mühe, genügend Aufmerksamkeit für seine Show zu bekommen. Dafür wird alles auf Video und Fotos für die Nachwelt festgehalten. Dann gibt es noch eine Präsentation von gefühlten 1000 Fotos des Geburtstagskindes mit und ohne Eltern und Verwandten in verschiedenen Kleidern und Posen. Nebenbei malt ein junger Erwachsener bunte Tiere auf die Arme von Kindern. Dann ist endlich Zeit für den Geburtstagskuchen. Zum Anschneiden, Glückwunsche und Fotos gehen Gäste auf die Bühne. Das Abendessen gibt es einen Stock tiefer. Es gibt ein Buffet mit feinen Sachen. Durch den lebhaften Verkehr fahren wir nach Hause zurück.

 

Donnerstag, 20. August 2015, Chennai

Diese Woche beginnt mein Bildungsurlaub mit der Reise rund um die Welt.

 

Vorher hatte ich drei Wochen Ferien, in denen ich versucht habe, mich etwas darauf vorzubereiten. Ich war ebenfalls, wie die Jahre zuvor schon, zehn Tage am Filmfestival von Locarno. In dieser Zeit habe ich an die fünfzig Filme gesehen, darunter nicht wenige sehenswerte Filme. Virtuell bin ich dabei schon einige Male um die Welt gereist. In Locarno habe ich am Empfang der ökumenischen Jury mit Thomas Wipf, der früher Präsident des reformierten Kirchenbundes der Schweiz war, über meinen Bildungsurlaub und die interreligiöses Arbeit gesprochen. Hier leitet er die ökumenische Jury. Thomas Wipf hat mich auf die internationale interreligiöse Organisation "religions for peace" hingewiesen, in der er im Vorstand mitwirkt.

 

Ebenfalls konnte ich mit dem Jurymitglied Catherine Wong aus Hongkong Bekanntschaft schliessen. Sie arbeitet bei der katholischen Kirche Hongkong und hat mich in ihr Büro eingeladen. Mal sehen, was sich daraus ergibt.

 

Vergangenen Dienstag bin ich mit Swiss von Zürich nach Delhi gereist. In Delhi gab es mitten in der Nacht einen langen Aufenthalt. Zum Glück habe ich Bekanntschaft mit zwei netten Menschen gemacht. So ging die Zeit schneller vorbei. Kumar, ein Biologe, spezialisiert auf Nieren, war nach einem vierjährigen Aufenthalt in Zürich auf dem Weg zurück nach Hyderabad. Schon in zwei Wochen beginnt er eine neue Stelle in Denver USA. Er möchte dann bald auch seine Frau und seine Tochter in die USA mitnehmen. Dann war da Arun, ein tamilischer Jugendlicher aus Solothurn, alleine auf dem Weg an eine Hochzeit von Verwandten in Trichy. Er war froh, dass ihn jemand bis nach Madras begleitet.

 

Elijah, der Projektleiter von LEED www.leed.in hat mich am Mittwoch-Morgen am Flughafen in Madras abgeholt. Ich wurde wie immer herzlich empfangen. News und Grüsse wurden ausgetauscht, die mitgebrachten Schokoladen im Kühlschrank verstaut. Den Nachmittag habe ich verschlafen. Am Abend ging ich dann zusammen mit Elijahs Frau Shiney, der Tochter Sarah und Elijah in einem muslimischen Restaurant fein essen.

 

Heute Donnerstag bin ich früh aufgestanden, um möglichst bald wieder in den Rhythmus der Zeit zu finden. Wir fahren durch den morgendlichen Verkehr zuerst zum Büro von Shiney, dann weiter zum Slum in Perungudi dem Projekt von LEED. Wenn ich schreibe:" durch den morgendlichen Verkehr", dann heisst das indischer Verkehr mit unorganisiertem Chaos und Staus. Man ist gut und gerne eineinhalb Stunden unterwegs.

 

Hier ist es heiss, gefühlte 45 Grad. Wirklich sind es nur 34. Die Finger kleben etwas auf der Tastatur.

 

Wie es dem Projekt geht, davon schreibe ich dann später. Hier erledige ich erst einmal nötige Updates von Webseiten, liegengebliebene Mails und schreibe meinen ersten Blogeintrag.


Copyright © 2015. All Rights Reserved.